An diesem Dienstag nahm der neue UBS-Chef Ralph Hamers seine Arbeit auf. Der Chefwechsel bei der grössten Schweizer Bank erfolgt mitten in der schwersten Rezession seit den 1970er Jahren. Dies ist insofern business as usual, als der Führungswechsel schon lange geplant war.
Grundsätzlich lässt sich aber sagen: In einer Krise wechseln Unternehmen markant weniger häufig den Chef. Das zeigt eine neue Untersuchung der Beratungsgesellschaft Bain & Company und des Kadervermittlers Spencer Stuart.
Ein Muster kristallisiert sich heraus
Die Studienautorinnen untersuchten 2700 Chefwechsel in den USA, Europa und Asien zwischen 2006 und Juni 2020. Die Weltwirtschaft erlebte in dieser Zeit eine Reihe von Turbulenzen, und in jeder zeigte sich das gleiche Muster: Vor Ausbruch der Krise gab es Chefwechsel zuhauf, während und kurz danach herrschte mehr Stabilität.
In den letzten drei Krisen – der Asienkrise, der globalen Finanzkrise, dem Platzen der Dot-Com-Blase – verringerten sich CEO-Wechsel bei US-Konzernen um je rund einen Drittel. Normalerweise führen schlechte Geschäftszahlen und Skandale rasch zu einem Sesselrücken an der Führungsspitze. In Krisen können Chefs die Probleme häufiger aussitzen.
Das Phänomen überdauert die Krise
Es zeigen sich weitere Gesetzmässigkeiten: Am rarsten sind Chefwechsel rund ein Jahr nach Tiefpunkt der Rezession. Aber auch mitten in der Krise verringern sie sich deutlich gegenüber dem Vorkrisenniveau – in der globalen Finanzkrise beispielsweise betrug dieser Rückgang bei asiatischen und US-amerikanischen Unternehmen je rund zwei Drittel.
Weiter fällt auf: Am stärksten von der Krise betroffene Branchen halten am treusten an ihren Topmanagerinnen fest: Etwa Finanzinstitute während der Finanzkrise oder Tech-, Medien- und Telekomunternehmen nach dem Platzen der Dot-Com-Blase.
«Ich bin Teil der Lösung»
Nicht nur zögern Unternehmen, Manager zu entlassen. In manchen Fällen sind es die Spitzenkräfte selber, die auf dem Posten bleiben wollen – beispielsweise aus Pflichtbewusstsein. Oder um den Anschein zu vermeiden, dass sie vor Problemen flüchten. Wie formulierte es doch UBS-Konzernchef Marcel Ospel im Dezember 2007, als seine Bank bereits am Abgrund stand? «Ich bin Teil der Lösung».
Auch in der aktuellen Covid-19-Krise sind Chefwechsel seltener geworden: Im April und Mai verringerte sich die Zahl um je einen Drittel in Europa und Asien. In Europa kommen solche Rochaden seit Juni wieder häufiger vor. Mit einem grossen Sesselrücken auf Chefetagen ist in nächster Zeit aber nicht zu rechnen .
(mbü)