Paul Singer ist in Argentinien wohl eine der meistgehassten Personen. Ganz sicher im Umfeld der Regierung um Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner und ihrem Finanzchef Axel Kicillof, sehr wahrscheinlich auch in der Bevölkerung des südamerikanischen Landes, das wie schon 2001 wieder vor der Pleite steht.
Singer macht es seinen Gegnern leicht, ihn nicht zu mögen: Statt wie andere Hedgefonds auf einen Teil der Schulden des Landes zu verzichten und damit immer noch einen satten Gewinn einzufahren, stellt sich der Amerikaner quer: Er will alles. Bis auf den letzten Cent. 1,7 Milliarden Dollar.
«Abschaum» und «Geier»
So war es in den Verträgen nach US-Recht ausgemacht, als er Anleihen zum Schnäppchenpreis von Argentinien kaufte, das 2001 eine Staatspleite von 95 Milliarden Dollar hinlegte. Nun ist für Spekulant Singer Zeit, die Ernte einzufahren. Solange er nicht ausbezahlt wird, kann Argentinien auch keinen anderen Gläubiger befriedigen. Nun steht das Land wieder vor der Pleite.
Singer ist für den argentinischen Finanzminister Kicilloff nur «Abschaum», er lasse sich nicht von einem Geier erpressen, sagte er während einer Pressekonferenz, nachdem die Verhandlungen mit Singer ins Nichts führten. Und Präsidentin Kirchner zieht die nationalistische Karte, spricht von amerikanischem Imperialismus, zeichnet das Bild der gierigen Heuschrecke, die den Hals nicht voll genug kriegt und das arme Land in ihrer Gier ratzeputz kahlfrisst.
Profit durch Pleitestaaten
Kirchner und Co. haben in einem durchaus recht: Singer profitiert von Staaten in Notlagen, indem er ihnen unter die Arme greift, mit dem einzigen Ziel des hundertfachen Gewinns in der Zukunft. Singer gilt als extrem erfolgreicher Spekulant und Visionär, der die Finanzkrise als einer der Ersten kommen sah. Seine Strategie ist ebenso einfach wie erfolgreich: Singer investiert in Länder und Firmen mit Schulden und Restrukturierungsbedarf. Diese werden unter Druck gesetzt, bis die Rendite stimmt und sonst verklagt. Auch in der Schweiz ist Singers Hedgefonds keine Unbekannte. 2011 versuchte sein «Geierfonds» das Management des Biotechkonzerns Actelion abzusetzen. Auch bei BB Biotech war er beteiligt.
Doch bei aller Kritik: Argentiniens Präsidentin Kirchner und ihr Umfeld machen es sich zu einfach - und wollen von ihrem wunden Punkt ablenken: Sie selbst bedienen sich auf Kosten des Staates. Singer bezeichnet denn seinen Konflikt mit dem südamerikanischen Land auch als einen Kampf gegen Scharlatane, die sich weigerten, nach den vereinbarten Regeln zu spielen.
Es geht immer um die Grundwerte
Der ehemalige Mitarbeiter und Ex-Cheftrader Singers, Ralph DellaCamara, meinte gegenüber Bloomberg: «Er ist ein Kämpfer. Er wird nicht aufgeben. Und er ist kein Bösewicht: Er ist ein hartgesottener Geschäftsmann, nichts weiter. Und er steht kompromisslos für das ein, was er glaubt. Mehr Leute sollten das tun.» Für seinen Ex-Cheftader geht es Singer immer nur um eins: Seine Grundwerte.
Der Spross einer jüdischen Familie machte einen Bachelor-Abschluss in Psychologie an der University of Rochester. Danach doktorierte er an der Harvard Law School. Danach arbeitete er für Anwaltskanzleien und die Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette, bis er sich selbstständig machte. Die neue Firma benannte er nach seinem zweiten Vornamen: Elliott Management.
Singer ist ein glühender Republikaner und war einer der Hauptunterstützer von George W. Bushs Präsidentschaftskandidatur. 2011 spielte Singer eine grosse Rolle bei der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Staat New York - sein Sohn ist homosexuell. Das Konzept der Homoehe «passt wunderbar zu meiner Vorstellung von Freiheit», sagte Singer der «New York Times».
Unverhofft Verbündeter der Justiz
Mit seiner sturen Art bereitet Singer Präsidentin Kirchners Lager schlaflose Nächte. In den USA klagt er gegen Kirchner-nahe Personen, denen vorgeworfen wird, sie hätten 65 Millionen Dollar veruntreut und ins Ausland verschoben. Seine Anwälte graben auf der ganzen Welt Dokumente aus, die Ermittlungen argentinischer Staatsanwälte gegen Kirchners Umfeld stützen. Damit gerät das Bild der guten argentinischen Politiker gegen die böse Heuschrecke Singer arg ins Wanken.
Denn Singer, den eigentlich nur die Rückzahlung der Schulden und Zinsezinsen interessiert, wird so unverhofft zum Verbündeten der argentinischen Justiz. Auch die UBS zwang er zur Herausgabe von Kontodaten, wie andere Banken auch. Und die Staatsanwälte nehmen seine Arbeit dankend in ihre Ermittlungen auf.