In wenigen Tagen beginnt in Frankfurt die Internationale Automobilausstellung. Für Europas Fahrzeugbauer gilt die IAA weiterhin als wichtige Leistungsschau, wenngleich die Digitalisierung dem Messewesen zusetzt.
In diesem Jahr steht die grösste Autoshow auf dem alten Kontinent unter einem besonderen Stern: Der Fokus liegt diesmal nicht auf Pferdestärken, sondern auf Kilowattstunden. So markiert die IAA den Auftakt zur Elektroauto-Offensive der deutschen Fabrikate, deren Batteriefahrzeuge ab nächstem Jahr massenweise zu den Händlern surren sollen.
Von Elon Musks Stromstössen mit seinen Tesla-Sportwagen gepiesackt, holen Daimler, BMW und der Volkswagen-Konzern mit einer Reihe neuer E-Modelle zum elektrischen Gegenschlag aus. Insbesondere VW hat nach dem Dieselbetrug das Lenkrad herumgerissen. Abermilliarden wurden in die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte investiert.
Millionärsjacht vs. Kreuzfahrtsdampfer
Das erste zählbare Resultat der Wolfsburger gibt es in den Frankfurter Messehallen zu bestaunen: Den VW ID.3. Das Kompaktfahrzeug im Golf-Format soll zu Mittelklassepreisen zum Käfer des Elektrozeitalters avancieren. Zumindest sehen dies die kühnen Pläne der VW-Manager so vor. Doch ob der ID.3 das Zeug zum «Volkswagen» hat, ist alles andere als gewiss.
Dabei hinkt der Verweis auf den Überraschungserfolg von Tesla gewaltig. Denn der Unterschied zwischen einem Elektroflitzer für Gutbetuchte und einem batteriebetriebenen Massenfahrzeug ist etwa so gross wie der zwischen einer Millionärsjacht und einem Kreuzfahrtschiff. Insofern dürfte die Resonanz auf den ID.3 zum ersten Plebiszit über die Elektromobilität werden.
Noch sind einige Schlaglöcher auf dem Weg in die verbrennerfreie Zukunft zu meistern.
- Stichwort Preis: Batteriebetriebene Autos sind im Vergleich zu fossil betriebenen Fahrzeugen deutlich teurer. Und daran wird sich angesichts der bescheidenen Stückzahlen und der kostspieligen, weil ressourcenintensiven Zellproduktion so schnell nichts ändern.
- Stichwort Infrastruktur: Zwar legen Herr und Frau Schweizer motorisiert bloss etwa 25 Kilometer pro Tag zurück, was jedes heutige Batterieauto locker schafft. Aber die Reichweitenangst mangels ausreichender und vor allem standardisierter Elektroladeinfrastruktur sitzt nach wie vor tief. Insbesondere, wenn man es sich vom Diesel her gewohnt ist, mit einer Tankfüllung 1000 Kilometer und mehr zurückzulegen.
Es erstaunt deshalb nicht, dass sich hiesige Autokäufer bislang vor allem für hybride Fahrzeuge entschieden haben. Zwei Antriebe – Batterie und Verbrenner – in einem Auto zu verbauen, vermag bestenfalls als «Brückentechnologie» zu überzeugen.
Insofern gleicht die beherzte Elektrostrategie von Volkswagen und Co. einer Fahrt ins Blaue: Weder ist klar, ob sich die Batterie durchsetzen wird oder vielleicht doch Alternativen wie die Brennstoffzelle. Gleichzeitig stellen Big-Tech-Konzerne wie Google oder Mobilitätsdienstleister wie Uber das Fahrzeugbusiness per se infrage.
Die diesjährige IAA könnte somit eine Zäsur für Europas Autobauer markieren. Das muss auch unsere Schweizer Zulieferer kümmern.