Dabei sei der Lebensmittelhandel stärker betroffen als der Nicht-Lebensmittelhandel. Der Umsatz mit Nahrungsmitteln und verwandten Produkten (im Branchenjargon Food- und Near-Food genannt) werde um 5,5 Prozent sinken, schrieb die CS in ihrer Studie, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Im Nicht-Lebensmittelhandel dürfte der Umsatz um 2,8 Prozent zurückgehen.
«Einige der pandemiebedingten Effekte, welche die Umsätze im Jahr 2021 gestützt haben, dürften 2022 etwas schwächer ausfallen», hiess es in der Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Fuhrer & Hotz erstellt wurde. So seien nicht mehr ganz so viele Leute im Homeoffice wie noch während des Lockdowns vor einem Jahr. Dieser hatte wegen der Schliessung von Restaurants die Lebensmittelverkäufe in die Höhe schiessen lassen.
Ausserdem war die Grenze zu Deutschland nach der Schliessung Ende 2020 für Einkaufstouristen und -touristinnen erst wieder ab Mitte Mai geöffnet. Auch in den restlichen Nachbarländern war der Einkaufstourismus einige Monate lang eingeschränkt.
Lebensmittelhandel über Vorkrisenniveau
Zwar dürfte die Anzahl der Beschäftigten, die mindestens ein bis zwei Tage pro Woche aus dem Homeoffice arbeiten, über dem Vorkrisenniveau verbleiben. «Zudem gehen wir nicht davon aus, dass das eigenständige Kochen zu Hause stark an Beliebtheit verlieren wird», schrieb die CS. «Doch eine Entwicklung wie im Jahr 2021 ist nicht mehr zu erwarten. Entsprechend rechnen wir im Food-Bereich mit einem Rückgang der nominalen Detailhandelsumsätze von rund 5,5 Prozent.» Dies sei aber immer noch ein Plus von 4,5 Prozent gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019.
Detailhandel profitiert von Krise
Weniger stark werde der Umsatzrückgang im Non-Food-Bereich mit einem Minus von 2,8 Prozent ausfallen, schätzt die CS. Je nach Segment sei die Entwicklung aber unterschiedlich.
«Freizeit, Haushalt und Wohnen, Do-it-yourself-, Garten- und Autozubehör sowie Heimelektronik haben stark von der Krise profitiert, was nicht zuletzt dem Verkauf von langlebigen Gütern wie Fahrrädern, Langlaufskis, Möbel, Computern oder Werkzeugen für den Haushalt und den Garten zu verdanken war. Bei diesen Gütern wird im Jahr 2022 wohl ein gewisser Sättigungseffekt zu beobachten sein, der die Nachfrage verringern wird», schrieb die CS.
Im Bekleidungssegment hingegen erwarte man eine positive Entwicklung im Vergleich zum ausgeprägten Rückgang des vergangenen Jahres.
Dennoch: Über den ganzen Schweizer Detailhandel hinweg würden die nominalen Umsätze um 4,1 fallen, schätzt die CS: «Damit läge er immer noch um fast 3 Prozent über dem Niveau von 2019, was ihn wiederum als Profiteur der Corona-Krise bestätigt.»
Erstmals über 100 Milliarden Umsatz
2020 hatte der Schweizer Detailhandel laut Schätzungen der GfK gesamthaft einen Umsatz von 99,1 Milliarden Franken eingefahren. Hamsterkäufe hatten die Kassen klingeln lassen.
Und im vergangenen Jahr hätten die Detailhandelsumsätze nochmals um 2,4 Prozent zugelegt, sagte CS-Ökonomin Tiziana Hunziker in einem Interview mit AWP Video. «Insgesamt sind sie zum ersten Mal über die 100-Milliarden-Grenze geklettert.» Das sei ein Rekord.
Mit einem Einbruch wegen der derzeit hochschiessenden Corona-Welle rechnet Hunziker nicht: Ein erneuter Lockdown hätte sicher negative Auswirkungen auf den Non-Food-Handel. Dort müssten viele Geschäfte wohl schliessen. «Die Erfahrung aus den letzten Jahren hat aber gezeigt, dass auf einen Lockdown ein Nachholkonsum folgt, der mindestens einen Teil des Einbruchs wieder wettmacht.»
Zudem befürchtet sie auch keine grossen Störungen durch den Ausfall von krankem oder in Quarantäne sitzendem Personal: Die Schutzkonzepte im Detailhandel würden respektiert, und der Kontakt zu den Kunden und Kundinnen könne gut mit Maske und Abstand stattfinden, sagte Hunziker. Deshalb sei das Risiko im Vergleich zu anderen Branchen geringer.
Ausserdem habe die Temporärbranche während der Corona-Krise aufgerüstet. Mögliche Ausfälle im Detailhandel könnten gut mit temporären Arbeitskräften aufgefangen werden. In dieser Hinsicht sei der Detailhandel flexibel, sagte Hunziker. Das werde bereits jetzt schon praktiziert im Weihnachtsgeschäft, wenn viele Temporärmitarbeitende eingestellt würden, um den Ansturm zu bewältigen.
(sda/tdr)