Nicht die Knospe, sondern die Weinbergschnecke ist das Gütesiegel von Delinat. Der grösste Schweizer Biowein-Händler verkauft ausschliesslich Biowein - und dies schon lange bevor die grossen Weinhändler das Potenzial dieser Sparte erkannt haben. «Bereits 1983 haben wir in Zusammenarbeit mit Biowein-Experten eine erste Version der Delinat-Richtlinien für biologischen Weinbau verfasst», sagt Karl Schefer.
Erfolgsrezept Versandhandel
Der Gründer und Geschäftsführer von Delinat in Horn TG widmet sich seit 30 Jahren dem biologisch produzierten Wein, und seine Arbeit trägt Früchte: «Der Umsatz wächst, auch in der Wirtschaftskrise. In der Schweiz haben zwar die Verkäufe etwas gelitten, doch dies wurde durch zweistellige Zuwachsraten in Deutschland wettgemacht, wo wir seit 1991 tätig sind», ergänzt Schefer.
Insgesamt gingen bei Delinat letztes Jahr mehr als 3 Mio Flaschen über den (virtuellen) Ladentisch. Etwa 90 Betriebe in Spanien, Italien, Frankreich, Österreich, Griechenland, Kroatien, Portugal, Deutschland und der Schweiz produzieren für den Biowein-Händler, je nach Saison sind bis zu 300 Sorten verfügbar. Auch ein kleines und exquisites Honig- und Olivenölsortiment bietet Delinat an.
Gross geworden ist Delinat im Versandhandel - Direktmarketing, Degustationssets sowie der Kundenservice gehören seit den Anfängen zur Geschäftsphilosophie. Auch wenn der Versandhandel 95% des Umsatzes generiert, wurde 1999 in St. Gallen das erste Weindepot eröffnet, zehn Jahre später folgten zwei weitere in Bern und in Olten. «Die Depots ermöglichen uns Serviceangebote und Verkaufsstrategien, die via Internet nicht umsetzbar sind. Ich denke da an ausführliche Laiendegustationen oder Degustationen mit unseren Weinexperten. Auch Vorträge, Konzerte oder Promotionen bestimmter Weine erlauben uns, Kunden zu erreichen, die über keinen Internetzugang verfügen oder nicht per Post beliefert werden wollen», erklärt Schefer.
Delinat begann als eigentliches Zufallsprodukt: Karl Schefer kaufte 1979 in einem Reformhaus in Paris Bioprodukte und entdeckte dort zu seinem Erstaunen Biowein. Zurück in der Schweiz und von der Idee sichtlich angetan, suchte er solchen zum Eigenkonsum. Da Karl Schefer weder in Schweizer Bioläden noch in Weinhandlungen fündig wurde, beschloss er, mittels Kleinanzeige nach weiteren Interessenten zu suchen.
Die Nachfrage war gross genug, um ihn zur Gründung einer Einzelfirma zu bewegen, die Biowein importieren und vermarkten sollte. Die Delica-Natura Schefer & Co. war geboren. 1983 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unter dem Namen Delinat. 1984 erhielt Delinat die hart erkämpfte Weinhandelsbewilligung und 1987 durfte schliesslich auch das Biolabel verwendet werden.
«Seit den Anfängen schreiben wir bei Delinat Forschung und Entwicklung gross. Wir versuchen ständig, den Anbau und die Produktion zu verbessern und unsere Richtlinien anzupassen», erläutert Schefer. «Auf dem hauseigenen Weingut Château Duvivier in Südfrankreich führen wir regelmässig Projekte in den Bereichen Weinbau, Önologie und Ökologie durch. Schwerpunkte dieser Projekte sind die Reduktion des Spritzmittels Kupfer, Anbauversuche mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten und Begrünungsversuche. Ein wichtiges Ziel ist es, ab 2012 ohne den Einsatz von Kupfer zu produzieren.»
ETH und Max Planck im Boot
Die strengen Delinat-Richtlinien, die chemische Pestizide verbieten, lassen zurzeit noch den Einsatz von 3,5 kg Kupfer pro Hektar und Jahr zu. Dank der intensiven Forschung von Delinat dürften jedoch in Zukunft die Rinde des Faulbaumes, Rhabarber- und Kompostextrakte anstelle von Kupfer dem Mehltau den Garaus machen. Die Anfang Juni 2009 gegründete Delinat-Stiftung in Arbaz VS zeigt, dass die Erfolgsgeschichte von Delinat weitergeht. Domaine de Mythopia heisst das neue Versuchsfeld der Stiftung und lässt noch aufwendigere und riskantere Experimente zu als bisher, so Schefer. Delinats Forschung ist dermassen erfolgreich, dass sich unter anderen die ETH Zürich, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und das Max-Planck-Institut an Projekten beteiligen. Im Zentrum des Interesses steht ein schonender und nachhaltiger Umgang mit den Böden, nebst dem Weinbau auch mit Blick auf die Landwirtschaft.
Delinat beschreitet auch anderswo neue Wege: In Kürze wird die Weinhandlung am Küferweg übernommen. Das Unternehmen mit Sitz in Obfelden ZH ist nach Coop der wichtigste Konkurrent von Delinat und beliefert direkt und über den Grossisten Bio-Partner fast alle Schweizer Bioläden und Reformhäuser. «Küferweg ist eine ideale Ergänzung zum Versandgeschäft und bietet viele Synergien an», sagt Schefer.