Der Schweizer Zoll taxiert Ware, die ins Land kommt, nach Gewicht statt Wert. Neben Russland ist die Schweiz heute das einzige WTO-Mitglied mit einer solchen Importhürde. Für Zalando wird das jetzt zum Problem, wie die «Bilanz» in ihrer aktuellen Ausgabe schreibt. Der Online-Kleiderhändler kann für unbestimmte Zeit nicht mehr das gesamte Sortiment in die Schweiz liefern. Der Aufwand werde zu gross.

«Mit fortschreittender Digitalisierung wird das Thema Zoll immer mehr zu einem Problem», stöhnt Patrick Kessler vom Verband des Schweizer Versandhandels, wo auch Zalando Mitglied ist. Es gebe zahlreiche weitere gesetzliche Hindernisse, die die Preise unnötig in die höhe treiben. Darunter auch die Deklarationsvorschriften. So müssen bei importierten Lebensmitteln oder Beauty-Produkten unzählige Produkte noch mit einem separaten Aufklebern versehen oder von Behörden abgenommen werden.

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Abrechnung über Mehrwertsteuer?

Die Gewichtsverzollung bringt auch Thomas Lang vom Beratungsunternehmen Carpathia immer wieder zum Kochen. Auf seinem Blog schreibt er heute: «Währenddessen sich der Rest der Erde um die Herausforderung der Digitalisierung kümmert, poliert die Oberzolldirektion wohl weiterhin die Gewichtssteine. Exemplarischer könnte wohl die eidgenössische Zoll-Réduit-Politik und die digitale Zukunft nicht zusammenprallen.»

FDP-Ständerat Ruedi Noser, der vor drei Jahren mit einem Vorstoss die Abschaffung des Gewichtszolls einleiten wollte, plant jetzt den nächsten Angriff. «Ich werde das Thema bald in die Kommission für Wirtschaft und Abgaben bringen», sagt er auf Anfrage. Er habe die Argumente auf seiner Seite: «Der Gewichtszoll führt zu einem Riesen-Aufwand, den man ohne Probleme abbauen kann.» Er denkt dabei an eine Abrechnung über die Mehrwertsteuer. Der Bundesrat argumentierte zuletzt mit zu hohen Kosten und aufwändigen Umstellungen gegen Nosers Anliegen. Kessler stellt sich auf Nosers Seite und warnt gar: «Je länger wir mit der Umstellung warten, desto grösser werden die Nachteile.»

Händler müssen Formalitäten selber übernehmen

Das aktuelle Problem bei Zalando hat mit der Plattformstrategie zu tun. Mitte Juni kündigte das deutsche Unternehmen an, stärker mit Kleidermarken und externen Händlern zusammen zu arbeiten. Im sogenannten Partnerprogramm können diese wählen, ob sie Lagerung und Versand ihrer Ware Zalando überlassen oder selber abwickeln wollen. Doch die Schweizer Zollbestimmungen verhindern, dass alle in die Schweiz liefern können. Die Händler müssten die Formalitäten selber übernehmen, doch nicht alle haben das nötige Personal.

Zalando selber beschäftigt alleine für die Zollabwicklungen 20 Leute. Bei jedem neuen Turnschuhmodell müssen für Lieferungen in die Schweiz alle Grössen gewogen werden. «Wir müssen das Gewicht von über 200’000 Produkten messen und dafür im Lager viel Kapazität schaffen», klagt Linus Glaser, Verantwortlicher für die Schweiz und Österreich. Der Zoll ist offenbar knallhart: «Schon 20 Gramm zu viel können problematisch sein.»

Die Anbieter, die im Rahmen des Partnerprogramms ihre Ware bei Zalando lagern lassen, sind davon nicht betroffen. Aktuell gibt es 170 Partner. Der Anteil jener, die problemlos in die Schweiz liefern können, ist laut Glaser «deutlich kleiner».