Die Abteilung Unidad Central Operativa (UCO) der spanischen paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil entdeckte vor Monaten verdächtige Operationen der Schweizer Firma TMS Group AG. Die TMS-Gruppe treibt «Handel mit Öl, Gold, weiteren Edelmetallen und Zement, im Weiteren auch mit Nahrungsmitteln wie Hummer».

Die Beamten waren den zwei Spaniern A.C. und P.C. auf der Spur, die in Spanien durch Kontakte in Afrika im grossen Stil Betrügereien mit Erdölprodukten begingen, indem sie unter anderem die Mehrwertsteuer hinterzogen. Mit Hilfe der Zuger TMS Group wuschen sie ihre enormen Gewinne, berichtete die spanische Tageszeitung «ABC» Ende Juli.

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Bis Ende April 2012 sass der Zuger SVP-Kantonalpräsident und Rechtsanwalt Manuel Brandenberg neben dem Italiener Dr. Juan Carlos Otero (Wohnort: Hafenstadt Lucca, Toskana) im Verwaltungsrat der TMS Group. Bis Mitte Juni hatte sie an der gleichen Adresse ihr Domizil wie Brandenbergs Kanzlei.

Webseite in Latein, Hauptquartier im Wald

So dringend konnte der Domizilwechsel für die Hintermänner jedoch nicht sein: Auf der Webseite der TMS Group ist immer noch die alte Adresse angegeben. Sprechend auch die «Privacy Policy» der «Holding-Gruppe» mit angeblichen Beteiligungen in Amerika, Asien, Europa und Afrika: Auf Latein wurde ein bisschen Stehsatz eingebaut.

Das weltumspannende Unternehmen hiess früher auch mal Turnkey Medical Systems Inc und hatte seinen Firmenhauptsitz - mit Zweigstelle Italien - im US-Bundesstaat North Carolina in einem Einfamilienhaus mitten im Wald. Die Grossprojekte der Firma, die heute mit Rohstoffen handelt und im Finanzwesen tätig ist, bestanden aus Aufträgen im Gesundheitswesen, die angeblich von Kiwanis, Rotary oder der Soros-Stiftung vorwiegend in Entwicklungsländern finanziert wurden -  so zumindest ist das auf der alten Webseite zu lesen.

Guardia Civil: Beamte in Zürich

Bei der Finanzfirma Rothsinvest sitzt Brandenberg bis heute im Verwaltungsrat, das Unternehmen wurde von Zug nach Zürich verschoben und letzte Woche mit einem Millionendefizit in Konkurs geschickt. Deren angeblich alleinverantwortlicher Chef Robert da Ponte sammelte bei Investoren Gelder in dreistelliger Millionenhöhe ein, bis er die versprochenen exorbitanten Renditen nicht mehr zahlen konnte. «Das Unternehmen wurde missbraucht», sagte Manuel Brandenberg in einem ersten Statement.

Wie es scheint, war Brandenbergs TMS-Engagement kein Zufall. Rothsinvest-Chef Robert da Pontes Kartenhaus stürzte ein, als die Oberzolldirektion die Konten der TMS Group gestützt auf ein spanisches Rechtshilfegesuch blockierte. Gegen die Gruppe um die TMS wird in Spanien ermittelt, die Beamten spüren einem internationalen Geldwäschereifall nach: Zwischen Spanien (Valencia) und Italien (Toskana) sollen Gelder im grossen Stil verschoben worden sein. Die Guardia Civil detachierte dazu extra Personen nach Zürich ab.

Die TMS Group ist in Spanien bis heute Besitzerin der TMS Luxury Gold SL in Madrid. Deren Geschäftszweck: «Handel mit Edelmetallen, Juwelen, Modeschmuck, Uhren, Ankauf und Verkauf von Gold, Silber und Platin». Die zwei Köpfe in Spanien, P.C. und A.C., pflegten häufigen Kontakt mit der TMS Group in Zug. Nun sitzen beide im Gefängnis. Aber nicht nur sie: Die Guardia Civil nahm während der «Operation Bashnya» 28 weitere Personen in 15 Provinzen fest, daneben gabs gleich noch 23 Hausdurchsuchungen.

Finanzspritzen aus Spanien

Die spanischen Behörden beschuldigen die beiden, der Schweizer Firma massive Geldspritzen gegeben und so ihre Gewinne gewaschen zu haben - mit Hilfe gefälschter Rechnungen, die ihnen eine Anwaltskanzlei anfertigte. Daraufhin seien die Gelder durch die TMS Group in den Finanzkreislauf eingeführt worden. Dazu dürfte das Umfeld der Rothsinvest gehört haben.

Denn die Konto-Blockade in der Schweiz, unter anderem auch bei zwei Banken in Genf, löste Panikwellen aus. Die italienische Polizei hörte die Telefongespräche von da Ponte ab - auch in Italien ermittelten Staatsanwaltschaften seit Monaten im Umfeld der Rothsinvest.

Robert da Ponte beichtete seinen Vertrauten, er sei Pleite, die Gelder in der Schweiz von «Rothsinvest Capital» gesperrt worden. Aus den TMS-Group-Konten dürfte da Ponte also die Honorare der Vermittler bezahlt haben, und es gibt laut der deutschen Zeitung «Die Zeit» Hinweise, dass er davon auch Zinsszahlungen an seine «Anleger» überwies.

Erdölprodukte von Freibeutern

Während den Ermittlungen in Spanien entdeckten die Behörden Hinweise, dass die TMS Group versuchte, aus Afrika eine Ladung Treibstoff zum Tiefstpreis abzugreifen. Die Spanier folgerten aus abgehörten Gesprächen, der Rohstoff hätte von der «Mattheos I» stammen sollen, einem Öltanker der Firma «Consultores de Navegación» aus Madrid.

Dieser Öltanker wurde im September 2011 durch afrikanische Piraten entführt. Nachdem die Besatzung von den Kidnappern freigelassen wurde, erklärte der Kapitän, die englischsprechenden Kriminellen hätten einen Teil der Ladung verkauft und auf zwei unbeflaggte Schiffe verladen. In der spanischen Presse wurde der Verdacht laut, dass es sich um nigerianische Piraten handelte - das ist nicht bewiesen, aber ohne viel Fantasie durchaus nachvollziehbar. Denn das Schiff wurde vor der Küste Nigerias entführt und nicht wie die spanische Zeitung ABC schrieb, in der Region Somalias.

Verdacht: Gefälschte Papiere besorgt

Die Guardia Civil stellte fest, dass die des Erdölbetrugs verdächtigten Spanier im Namen der TMS Group Geschäfte mit afrikanischen Lieferanten abwickelten. Das Problem bei solchen Geschäften für die spanischen Financiers war, den Geisterschiffen rechtsgültige Papiere fürs Einschiffen in die jeweiligen Bestimmungshäfen zu besorgen.

Die spanischen Beamten verdächtigten die TMS Group weiter, auch für die Beschaffung der gefälschten Papiere beauftragt worden zu sein - beweisen konnten sie das nicht. Es interessierte sie auch nicht: Das Ziel waren die Geldgeber. Und die sitzen in der Schweiz.

Der rätselhafte Venezolaner

Der Kopf hinter der TMS Group ist nach Informationen der spanischen Behörden ein Venezolaner, den die Beamten in der Schweiz besuchten. Wie es der Zufall will, stammt der «Italiener» Juan Carlos Otero ursprünglich aus Caracas, Venezuela und pendelte mit seinen vier Handys dauernd zwischen Zürich und Spanien hin und her. Die Ermittlungen der Guardia Civil hätten sein Geschäftsmodell zerstört, behauptete er. Setze die Hauptperson einen Fuss auf spanisches Territorium, werde sie sofort verhaftet, wusste die Zeitung ABC weiter.

Weshalb Manuel Brandenberg auch in einem spanischen Geldwäscherei-Verfahren auftaucht, wollte er gegenüber «Die Zeit» nicht kommentieren – «aus Gründen des Anwaltsgeheimnisses».

Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.