Es rumpelt am Migros-Konzernsitz am Zürcher Limmatplatz. Im Departement Marketing unter Konzernleitungsmitglied Oskar Sager geben sich langjährige Kaderleute die Klinke in die Hand. Über ein Dutzend Mitarbeiter haben sich in den letzten Monaten verabschiedet. Zu den Abtrünnigen gehört Christoph Bobst, federführend bei der Hochpreislinie Sélection des Detailhändlers. Er ging im letzten Dezember. Abgemeldet hat sich auch Andreas Allenspach, Leiter Category Management Fleisch/Fisch/Geflügel. Er ist derzeit auf Weltreise und wechselt bald zur holländischen Van Rijn Trading, wo er die Geschäftsführung übernimmt. Vor einem Jahr seilte sich Hans Peter Meier, Leiter Marketing Frische, zur M-Industrie ab. Was Sager besonders grämen müsste: Einige Fahnenflüchtige heuerten beim Erzkonkurrenten Coop an. Bis vor zwei Jahren ging es in die andere Richtung. Man wechselte von Basel (Coop) nach Zürich (Migros), auch weil an der Limmat die Bezahlung attraktiver ist. Spektakulärer Überläufer ist Oliver Krüsi. Er leitete die Migros-Marktforschung, kennt also die Profile der M-Kundschaft aufs Genauste. Er wechselte vor ein paar Wochen als Category Manager Baby zu Coop. Kurz vor ihm war bereits Ursula Künzle in Basel gelandet. Sie ist neu Werbeleiterin der Warenhäuser Coop City. Ein weiterer Abgang, der in Zürich zu reden gab, ist Regina Diethalm, langjährige Leiterin Category Management Cosmetics. Sie wird bei Coop die Leitung des Near Food Marketing übernehmen. Ein weiterer gewichtiger Wechsel ins Lager von Hansueli Loosli steht kurz bevor. Die Gründe für den Brain Drain: Karrierechancen, zermürbende Strukturen, aber auch Sagers forscher bis militärischer Führungsstil. Die Stimmung im Marketing, heisst es, sei angespannt. Monica Glisenti, Migros-Kommunikationschefin: «Wenn ein neuer Chef kommt, wechseln oft auch Kadermitarbeiter die Stelle – ein normaler Prozess.» Tatsache ist, dass Sagers Departement seit dessen Antritt 2008 nicht zur Ruhe kommt. Im Frühling 2009 verabschiedete sich Werbeleiter Stefan Erhart, nach nicht einmal einem Jahr. Nach nur drei Monaten ging Stefan Kemp, Leiter Marketing Kommunikation. Zu reden gibt intern auch Sagers Tiefpreisstrategie für 2500 Produkte, die heute die Kommunikation dominiert. Aggressive Preisreduktionen führten dazu, dass Produkte wie Coca-Cola oder Red Bull in der Migros zeitweilig günstiger waren als beim Harddiscounter Denner, der auch zum Konzern gehört. Dies wiederum kann dem Denner-Verantwortlichen bei der Migros, Dieter Berninghaus, nicht schmecken. Dieser soll Ende Januar in Rüschlikon ZH vor versammeltem Kader ein enges Tiefpreissortiment von 500 Produkten gefordert haben. Die Gefahr beim Tiefpreisbolzen: Andere Migros-Qualitäten wie Sortimentsbreite, Nachhaltigkeit, Schweizer Herkunft oder Bioprodukte gehen im Schlachtgetöse unter.

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