Die deutschen BMW-Händler drohen dem Konzern mit einem Verkaufsstopp ab Montag (1. Oktober). Ihr Verband teilte am Mittwoch mit, nach dem Auslaufen der bestehenden Verträge an diesem Wochenende könnten die privaten BMW-Autohäuser keine Neufahrzeuge und Ersatzteile mehr bestellen.

Ein Grossteil der rund 140 freien Vertriebspartner mit gut 500 Autohäusern in Deutschland lehnt die vom Konzern angebotenen neuen Verträge ab, wie der Verband Deutscher BMW-Vertragshändler am Mittwoch mitteilte.

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Ausweitung des Direktvertriebs

Zankapfel ist laut einem Sprecher die Ausweitung des Direktvertriebs und anderer Vertriebsformen: Neben Autos für Grosskunden könne BMW künftig auch digitale Dienste direkt verkaufen – ohne Händler. Zudem verlange der Konzern den alleinigen Zugriff auf die Kundendaten der Händler.

Die vom Unternehmen vorgelegten neuen Verträge "werden wir so nicht unterschreiben", sagte der Verbandspräsident und Memminger BMW-Händler Peter Reisacherund und forderte neue Verhandlungen. BMW ging auf diese Aussagen öffentlich nicht ein. Die bestehenden Verträge laufen am 30. September aus.

Der Konzern sieht «die Interessen des Handels und des Herstellers gleichermassen berücksichtigt". Ausserhalb Deutschlands würden die neuen europaweit geltenden Verträge positiv gesehen und seien weitestgehend unterzeichnet, teilte BMW mit. » BMW Schweiz rechnet damit, dass die rund 80 Schweizer Händler den Vertrag unterschreiben werden, sagte Sprecher Oliver Peter auf Anfrage von handelszeitung.ch. Der Schweizer Vertrag sei aber nicht identisch mit jenem in Deutschland, betonte Peter.

Händlermarge sinkt

Der deutsche Händlerverband sieht in den Regelungen seine Interessen in wesentlichen Punkten missachtet. Kritisiert wird seit langem, dass der Konzern Milliarden verdient und hohe Margen einfährt, während die Rendite der selbstständigen Vertragspartner sinkt.

Hatte BMW seinen Händlern früher eine Durchschnittsrendite oberhalb der Konkurrenz in Aussicht gestellt, lag sie zuletzt dem Verband zufolge darunter. In den vergangenen zehn Jahren sank sie nach Angaben des Sprechers auf ein Prozent im Schnitt.

Zum Vergleich: Als Volkswagen vor knapp einem Jahr die Straffung seines Händlernetzes in Europa ankündigte, gab der Hersteller das Ziel aus, dass die Umsatzrendite der Vertragspartner von einem auf zwei Prozent im Schnitt steigen solle, etwa durch Einsparungen dank neuer IT. Das Thema Direktvertrieb sorgte auch hier für Ärger. VW und die Konzerntochter Audi verhandelten in der Folge länger als geplant mit ihren Vertragspartnern, ehe sie im August 2018 einen Abschluss erzielten.

BMW und seine Händler waren bislang stets auf Diskretion bedacht und lösten in der Vergangenheit ihre wiederkehrenden Konflikte hinter den Kulissen. Eine Prognose, ob dieses Mal eine rasche Einigung gelingen kann, wagen die Beteiligten derzeit nicht. Vertreter der Handelsorganisation übergaben am Mittwochmorgen in München Ablehnungsschreiben an den Konzern. Ein von BMW gesetztes Ultimatum zur Unterzeichnung der Verträge verstrich damit.

Branche im Umbruch

Der gesamte Autohandel ist durch Online-Marktplätze und Digitalisierung seit geraumer Zeit im Umbruch. Der Wandel weg vom reinen Auto-Verkauf hin zu Services rund um die Mobilität stellt die Geschäftsmodelle von Herstellern wie von Händlern auf den Kopf.

Die Autobauer wollen näher an ihre Kunden ran, die Autohäuser fürchten erst um ihre Marge und am Ende um ihre Existenz. Die Zahl der Autohäuser in Deutschland ist seit langem auf Schrumpfkurs. Im Jahr 2000 zählte das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) 18'000 selbstständige Händler, 2016 noch 6900. Die Experten gehen davon aus, dass die Zahl bis 2020 auf 4500 sinken wird.

Auch die Elektromobilität stellt die Händler vor Probleme: Die Autos sind erklärungsbedürftiger und bringen weniger ein. Zudem sind hohe Investitionen in die Werkstätten nötig, wo nach einer Faustregel der Branche das eigentliche Geld verdient wird. Bei einem batteriebetriebenen Fahrzeug liegt der Teileumsatz nach Expertenmeinung um gut ein Drittel niedriger als bei einem Modell mit Verbrennungsmotor, zudem sind weniger Servicestunden nötig

(reuters/mbü)