Der neue Vorstandschef Carsten Kengeter bricht die langjährigen Strukturen der Deutschen Börse auf. Er kündigte am Mittwoch die Gründung eines neuen Vorstands-Ressorts an, das für Kunden, Produkte und Kernmärkte zuständig sein soll. In ihm wird das Derivate-, Abwicklungs- und Wertpapierverwahrgeschäft gebündelt, das im vergangenen Jahr zusammen fast drei Viertel der Konzernerlöse einfuhr. Geleitet werden soll das neue Mega-Ressort vom Amerikaner Jeffrey Tessler, der bisher lediglich für die Wertpapierverwahrtochter Clearstream zuständig ist.
Der Umbau kommt für Deutschlands grössten Börsenbetreiber einer Palastrevolution gleich. Bisher haben Sparten wie die Derivate-Tochter Eurex und Clearstream relativ unabhängig voneinander agiert, obwohl sie häufig die gleichen Kunden haben, allen voran die grossen Investmentbanken. Kengeter hofft, dass Eurex und Clearstream durch die Neuordnung künftig enger zusammenarbeiten. «Mit der Bündelung der Zuständigkeiten und artverwandter Themen machen wir einen Schritt zu einer auf die Bedürfnisses der Märkte und der Kunden zugeschnittenen Organisation», erklärte Kengeter, der seit Juni an der Spitze des Frankfurter Unternehmens steht.
Der grosse Gewinner des Umbaus
Aus Sicht von Regulierungsexperten ist es für die Deutsche Börse von Vorteil, dass sie ihren Kunden im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten alle wesentlichen Dienstleistungen rund um den Handel aus einer Hand anbieten kann. Viele Investoren konnte der Konzern bisher aber nicht überzeugen, dass dieser Ansatz einen Mehrwert darstellt. Ändern soll das nun vor allem der 61-jährige Tessler, der als grosser Gewinner des Umbaus gilt.
Der stellvertretende Vorstandschef Andreas Preuss verliert dagegen die Zuständigkeit für das wichtige Derivate-Geschäft. Er ist künftig für die IT, den Betrieb aller Handelsplattformen, das Marktdatengeschäft und neue Asset-Klassen wie die Devisenhandelsplattform 360T zuständig. Seine Abteilung stellt das Rückgrat der Deutsche-Börse-Angebote dar und hat somit auch einen grossen Teil der Mitarbeiter unter sich.
Personalwesen wird zur Chefsache
Wiedereingeführt wird ein eigenes Vorstandsressort für den Aktienhandel. Dieses Geschäft und die Frankfurter Wertpapierbörse spielen für die Zahlen des Konzerns schon länger eine untergeordnete Rolle, für Politik und Aufsichtsbehörden sind sie aber von großer Bedeutung. Die Leitung übernimmt die bisher für IT und Marktdaten zuständige Hauke Stars. Sie soll sich auch um die Finanzierungsplattform für Startups und das Thema Kapitalmarktunion kümmern.
Kengeter selbst übernimmt von Finanzchef Gregor Pottmeyer die Zuständigkeit für das Personalwesen. Der ehemalige Investmentbanker sorgt bei der Deutschen Börse seit Sommer für frischen Wind. Neben zwei grösseren Übernahmen hat er ein erweitertes Führungsgremium eingeführt, um das mittlere Management stärker einzubinden.
(reuters/ccr)