«Es ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein gigantischer Sprung für die Logistik», erklärten Sie anlässlich der Übernahme der Firma Exel. Hat sich dieser Sprung für die Deutsche Post World Net gelohnt?

Klaus Zumwinkel: Wir sind mit dem Erwerb und der bisherigen Entwicklung von Exel wirklich sehr zufrieden. Kein Logistikkonzern ist im globalen Wettbewerb strategisch besser aufgestellt als die Deutsche Post World Net. Wir sind heute Marktführer in fast allen Segmenten und Regionen, und dazu war die Akquisition von Exel ein wichtiger Schritt.

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Sind damit die Expansionspläne der Deutschen Post World Net gestillt, oder haben Sie schon ein Auge auf weitere Übernahmekandidaten geworfen?

Zumwinkel: In naher Zukunft ist mit keinen grösseren Überraschungen, sprich Übernahmen, zu rechnen. Vorstellbar sind jedoch gewisse Arrondierungen in verschiedenen Geschäftsfeldern, sei dies nun in Asien oder in Lateinamerika.

Exel ist in Nord- und Südamerika stark, die Deutsche Post in Europa. Wie sieht die globale Strategie des Konzerns in der übrigen Welt, speziell in Asien, aber auch in Lateinamerika, aus?

Zumwinkel: Da die Wachstumsraten in den kommenden Jahren in Asien, aber auch teilweise in Lateinamerika und in Nordamerika, höher liegen als in Europa, wird sich die Verlagerung unseres Geschäftes in diese Regionen weiter intensivieren. Und wir investieren auch in diesen Regionen erhebliche Mittel.

Ein Sorgenkind stellen derzeit die USA dar, wo im vergangenen Geschäftsjahr ein Verlust von rund 400 Mio Euro verkraftet werden musste. Wann ist mit dem Turnaround zu rechnen?

Zumwinkel: Nordamerika ist für uns ein äusserst wichtiger Markt. Wir werden allerdings im laufenden Jahr in den USA noch keine schwarzen Zahlen schreiben können, doch für die Jahre danach sehen wir eine klare Verbesserung der Erträge.

Wie beurteilen Sie die zukünftige Entwicklung in der Kontraktlogistik? Gehen Sie davon aus, dass der Trend zu globalen Logistikdienstleistungen beziehungsweise globalen Auftraggebern stärker wird?

Zumwinkel: Es ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, dass ein weltweit tätiger Konzern nur mit einem Logistikdienstleister zusammenarbeiten wird. Etliche Unternehmen arbeiten heute aber noch mit sehr vielen einzelnen Logistikdienstleistern zusammen. Diese Zahl auf einige wenige zu reduzieren, wird der Trend in Zukunft sein. Hier findet eine Konzentration statt.

Die Deutsche Post World Net hat für BMW umfassende Dienstleistungen im Bereich der Materialbeschaffung und der Belieferung der Montagewerke übernommen. Kommt diesem Projekt Pilotcharakter zu, wird es also weitere «BMWs» geben?

Zumwinkel: Die sehen wir schon. Das von uns realisierte Konzept ist sehr fortschrittlich. Täglich werden von hunderten von Zulieferbetrieben in ganz Europa Einzelteile in die einzelnen Produktionsbetriebe von BMW geliefert. Diese Aufgabe übernahmen bis anhin so genannte Gebietsspediteure. Durch die gezielte Bündelung dieser Transporte durch uns lassen sich erhebliche Kosteneinsparungen realisieren.

Der Kontraktlogistiker verhilft mit seinen Dienstleistungen dem Auftraggeber zu Kostenreduktionen. Wie sieht es aber umgekehrt aus. Gibt es auch für den Kontraktlogistiker Möglichkeiten, Kosten einzusparen, um seine Marge zu verbessern, die ja derzeit nicht gerade berauschend ist?

Zumwinkel: Entscheidend ist in diesem Fall ja nicht die Umsatzmarge, die immer zuerst betrachtet wird, viel wichtiger ist die Rendite auf dem eingesetzten Kapital. Wichtig ist, dass der Kontraktlogistiker mit möglichst wenig eingesetztem Kapital arbeitet und Umschlagsanlagen oder Lagerhäuser eher mietet, als selber kauft. Im letzten Fall allerdings muss dann auch eine höhere Rendite erwirtschaftet werden können.

Das europäische DHL-Express-Geschäft soll reorganisiert werden, berichteten deutsche Medien. Dabei werden den einzelnen Länderorganisationen mehr Freiheiten gewährt. Von einem unternehmerischen Umdenken war da die Rede. Wie sehen diese Pläne konkret aus?

Zumwinkel: Das hört sich alles viel dramatischer an, als es tatsächlich ist. Den örtlichen Niederlassungen sollen in der Tat etwas mehr Freiheiten gewährt werden, damit sie sich besser auf die nationalen Eigenheiten konzentrieren können. Von einem Umdenken kann aber keine Rede sein.

Ende 2007 soll das noch bestehende Briefmonopol in Deutschland fallen. Wird - wenn die anderen EU-Staaten nicht auch liberalisieren - die Deutsche Post für eine nochmalige Verlängerung des Briefmonopols plädieren?

Zumwinkel: Ein solche Verlängerung wäre nur möglich mit einer gesetzgebenden Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat, doch die sehe ich realistischerweise heute nicht. Wir vertreten wie die Bundesregierung die Meinung, dass die anderen Länder auch liberalisieren müssen, wenn dies die Bundesrepublik tut. Deutschland könnte hier vorangehen, aber die anderen Länder müssen zwingend nachziehen. Wichtig ist, dass in ganz Europa ein verbindliches Datum für diese Liberalisierung festgesetzt wird. Denn mit der Reziprozität hat Deutschland in jüngster Zeit eher schlechte Erfahrungen gemacht.

Die deutsche Monopolkommission hat sich im vergangenen Dezember sehr kritisch zur Deutschen Post World Net geäussert. Man würde eine kostspielige Auslandexpansion mit dem Briefgewinn finanzieren und Quersubventionierung betreiben, heisst es im Bericht. Was entgegnen Sie darauf?

Zumwinkel: Das ist schon vielfach als Unsinn widerlegt worden. 1990, als ich mein Amt antrat, musste die Deutsche Post bei einem Umsatz von 9 Mrd Euro einen Verlust von 1 Mrd Euro ausweisen. Seither hat sich die Situation der Deutschen Post durch eine ganze Reihe gezielter Massnahmen dramatisch verbessert. Andererseits investieren wir nach wie vor erhebliche Summen auch in das Briefgeschäft, ist es doch auch unsere Verpflichtung, die entsprechenden Arbeitsplätze zu erhalten.

Rechnen Sie mit privaten Konkurrenten im Briefsektor, wenn das Briefmonopol aufgehoben wird?

Zumwinkel: Es gibt jetzt schon eine ganze Reihe von Konkurrenten. Heute kann jeder, der dies will, eine Orts-Poststelle eröffnen. Zudem haben wir zwei grosse Konkurrenten in Deutschland. Zum einen die niederländische Post, die sich mit der Firma Hermes zusammengetan hat, sowie die PIN AG, hinter der drei grosse deutsche Verlagshäuser stehen.

Wieweit sind Sie mit der Privatisierung der Deutschen Post World Net. Oder anders gefragt, an wen könnte das Aktienpaket, das die Kreditanstalt für Wiederaufbau hält, gehen?

Zumwinkel: Bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau liegen derzeit rund 32% unseres Kapitals, das frei verkauft werden kann. Dieser Anteil soll in den kommenden Jahren schrittweise verkauft werden.

Geschieht dies über die Börse?

Zumwinkel: Einerseits über die Börse, aber auch ein Verkauf an interessierte Finanzinvestoren ist denkbar.

Die Deutsche Post startet nach dem nun abgeschlossenen Wertsteigerungsprogramm «Star» mit dem Programm «First Choice». Welche Ziele verfolgt diese Initiative?

Zumwinkel: Im Gegensatz zu Star, das sich, bedingt durch die Zusammenfügung unterschiedlicher Unternehmen, sehr stark mit der Reduktion von Kosten befasst hat, werden wir uns bei First Choice auf unsere Kunden und ein Umsatzwachstum konzentrieren. First Choice ist kein Kostenprogramm, sondern wir wollen damit gezielt die Kundenzufriedenheit erhöhen. Es stellt zudem das wesentliche strategische Instrument zur Erreichung des finanziellen Konzernzieles von 5 Mrd Euro Ebit bis zum Jahr 2009 dar.

Wann soll das Programm gestartet werden?

Zumwinkel: Wir werden in diesem Jahr in sechs bis acht Pilotländern, darunter Deutschland und die Niederlande, sowie in einigen Ländern Asiens und Nordamerikas, mit First Choice starten. Ab 2007 werden wir dann das Programm flächendeckend ausrollen.