Der Streit um das deutsch-schweizerische Abkommen für eine Abgeltungssteuer eskaliert. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen formiert sich der Widerstand gegen die Ratifizierung des Vertragsentwurfes, der 2013 in Kraft treten sollte. Wortführer: Norbert Walter-Borjans, nordrhein-westfälischer SPD-Finanzminister, Herr über die mächtigste Steuerfahnder-Truppe der Republik. 478 Millionen Euro kassierte sie bei Steuersündern im letzten Jahr ein, gut 26 Prozent der landesweiten Steuerfahnder-Einnahmen (siehe Tabelle unter 'Downloads').
Walter-Borjans hat die Fahndertruppe zur Auswertung der CD-ROM von Datendieben verstärkt. «Das ist unser laufendes Geschäft», erklärt seine Sprecherin. Zuletzt wurde eine Sammlung mit 3000 Kundendaten aus Luxemburg analysiert, nun wird der Kauf von Daten einer Zürcher Auslandbankentochter geprüft.
Norbert Walter-Borjans ist kein Krawall-Sozi wie Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der rhetorisch die Kavallerie gegen den Schweizer Finanzplatz bemühte. Aber in der Sache ist er unerbittlich. «Das Abkommen ist in seiner jetzigen Form im Bundesrat nicht zustimmungsfähig», erklärt er. Er hat in der Länderkammer die Nein-Sager-Front formiert, neuerdings steht auch das rot-grün regierte Baden-Württemberg auf seiner Seite. Walter-Borjans gibt fünf Forderungen für Nachverhandlungen vor:
- höhere Besteuerung der Altvermögen, insbesondere bei Erbschaftsfällen;
- weit mehr als die vorgesehenen 999 Nachprüfungen pro Jahr;
- deutlich höhere Garantiezahlungen der Schweizer Banken;
- eine Amnestie nicht nur für Gehilfen der Steuerbetrüger in den Banken, sondern auch für die Datendiebe;
- die Weiternutzung von gestohlenen Daten als Fahndungsinstrument.
Für die Schweizer Vertragspartner sind dies Killer-Forderungen. Ein Topmanager einer betroffenen Privatbank meinte zunächst, er werde mit einem Witz konfrontiert: «Was soll ein Abkommen, wenn weiterhin der Datenklau gefördert wird?»
Bei der Bankiersvereinigung heisst es erst einmal abwarten: «Jetzt liegt es an Wolfgang Schäuble, die Sache in Ordnung zu bringen», sagt ein Insider aus der Lobbyistenorganisation. Walter-Borjans nutzt die Wartezeit – er sammelt fleissig weitere Kundendaten.