DHL hält nach eigenen Angaben rund 41% am schweizerischen Kurier- und Expressmarkt. Wie gross ist denn der gesamte Markt in der Schweiz?

Martin Müller-Duysing: Der gesamte Markt Kurier- und Expressdienste innerhalb der Schweiz sowie Export und Import kann auf rund 350 Mio Fr. geschätzt werden.

Wie gross ist der Paketmarkt in der Schweiz gesamthaft ?

Müller-Duysing: Der inländische Paketmarkt kann auf Grund der 130 bis 150 Mio Pakete, die jährlich verschickt werden, auf rund 1 Mrd Fr. geschätzt werden.

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Welche Pläne werden mit der Fusion der ehemaligen Partnerunternehmen Deutsche Post Euro Express und Danzas Eurocargo zur DHL Express verfolgt?

Müller-Duysing: Die bisherigen Synergien der verschiedenen Firmen waren für Aussenstehende nicht unbedingt sehr transparent. Dies wollen wir mit der Integration der erwähnten Firmen unter einem Dach nun verbessern. Wir haben die Vision, im Schweizer Logistikmarkt die Nr. 1-Position zu erreichen. Vereinfacht gesagt: Wir wollen allen unseren Kunden, die ein Logistikbedürfnis haben, sei dies der Transport einer Expresssendung, eines Paketes oder grösserer Güter, eine umfassende Dienstleistung anbieten. Wir streben allerdings nicht um der Grösse willen die Nr. 1-Position an; vielmehr ist es unser Bestreben, eine Gesamtpalette an logistischen Dienstleistungen anbieten zu können.

DHL will Logistikdienstleistungen aus einer Hand anbieten, vom Briefversand bis zu Fracht und Spedition. Ist dies nicht ein ambitiöses Unterfangen?

Müller-Duysing: Unser Ziel ist es, dass ein Ansprechpartner dem Kunden zur Verfügung steht, um dessen vielfältige Logistikprobleme zu lösen. Unsere Key-account-Manager können sich auf ein umfassendes internes Netz an Spezialisten abstützen, mit deren Unterstützung sie die Logistikwünsche der Kundschaft erfüllen. Auch die Abrechnung aller Dienstleistungen soll mit einer Rechnung erledigt werden können.

Mit anderen Worten: Der Name DHL steht in Zukunft nicht nur für Express- und Kurierdienstleistungen, sondern für sämtliche logistischen Aufgaben innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Dabei tritt man doch aber auch als Konkurrent zu den etablierten Spediteuren auf, die teilweise sehr spezifische Dienstleistungen anbieten. Wie stellt man sich diese Konkurrenz seitens DHL vor?

Müller-Duysing: Wir haben nicht die Absicht, in jedem Segment der Logistik Fuss zu fassen. Dort aber, wo wir schon bisher Logistik-Dienstleistungen erbrachten, möchten wir unsere Palette weiter ausbauen. Dabei können wir uns auf die vielfältigen Erfahrungen und Logistik-Dienstleistungen der ehemaligen Firma Danzas abstützen.

Wird sich DHL auch im Schweizer Stückguttransport stärker engagieren?

Müller-Duysing: Wenn wir unserer Kundschaft umfassende Logistikkonzepte beziehungsweise durchgehende Transporte anbieten wollen, kommen wir um Stückguttransporte in der Schweiz nicht herum. Wir wollen dies allerdings in Zusammenarbeit mit spezialisierten Partnern tun. Wichtig ist dabei auch die Verknüpfung im Informatikbereich, der immer mehr an Bedeutung zunimmt.

Die Schweizer Post behauptet, die Paketzustellung sei defizitär. Wieso rentiert sie für DHL?

Müller-Duysing: Auf Grund meiner früheren Tätigkeit für die Schweizer Post möchte ich grundsätzlich feststellen, dass niemand vom Pakettransport reich werden kann, dafür sind die Margen schlicht zu klein. Bei der Schweizer Post trägt zudem das weit verzweigte Poststellennetz zur Kostenbelastung bei. Durch rationelle Arbeitsabläufe ist es aber durchaus möglich, im Paketbereich schwarze Zahlen zu schreiben.

Zudem verfügt die Schweizer Post über ein Monopol bei den Briefen und bei den Paketen. Ein Monopol allerdings, das in Zukunft fallen soll, wenn es nach dem Willen der privaten Anbieter geht.

Müller-Duysing: Das trifft zu, wir kämpfen für gleich lange Spiesse im Schweizer Brief- und Paketmarkt.

Sind diese derzeit noch nicht gleich lang?

Müller-Duysing: Keineswegs, ich möchte nur an das Brief- und Paketmonopol der Post sowie an das Nachtfahrverbot erinnern, welches für die Post nicht gilt. Auch die postalische Verzollung von Postsendungen aus dem Ausland ist einfacher als diejenige für private Dienstleister. In diesen Bereichen müssen gleich lange Spiesse für alle Wettbewerber geschaffen werden.

Ist beim Briefmonopol und beim Paketmonopol mit Veränderungen sowie Lockerungen zugunsten der privaten Anbieter zu rechnen?

Müller-Duysing: Im Rahmen der Revision der Postverordnung ist mit gewissen Änderungen zu rechnen, allerdings erfolgt diese Liberalisierung viel langsamer als im restlichen Europa. Bei den Briefen sowie den Paketen bis 1 kg Gewicht dürfte sich in absehbarer Zukunft nicht viel ändern.

DHL muss also spezifische Dienstleistungen im Rahmen der vorhandenen Beschränkungen anbieten wie zum Beispiel express4you. Ist das ein Erfolg?

Müller-Duysing: Immer mehr Kunden verlangen nach Dienstleistungen zu Randzeiten, da sie tagsüber berufstätig sind. Unsere Samstagauslieferung von Paketen sowie die zusätzlichen Annahmestellen «express4you» in insgesamt 29 SBB-Bahnhöfen sind auf eine positive Resonanz gestossen.

Vor einigen Monaten gerieten die privaten Anbieter im Kurier- und Expressdienst in die Kritik, weil sie angeblich zu tiefe Löhne zahlen. Sie haben sich damals gegen diesen Vorwurf gewehrt. Nun taucht eine neue Studie mit neuen Vorwürfen auf. Was sagen Sie dazu?

Müller-Duysing: Eines kann ich ganz klar feststellen: Bei DHL zahlen wir Löhne, die deutlich über den erwähnten Mindestlöhnen liegen. Dass es innerhalb des KEP-Verbandes Unterschiede gibt, kann nicht ausgeschlossen werden. Sinnvoll wäre es allerdings, wenn eine Definition, was branchenübliche Löhne in der Logistik sind, erarbeitet werden könnte.



Steckbrief

Name: Martin Müller-Duysing

Geboren: 1960

Ausbildung: Dr. sc. techn. ETHZ

Funktion: Managing Director der DHL Express Schweiz AG, Pratteln