Der Einigungsvorschlag ist ein Coup: Indem Thomas Minder und Christoph Blocher die Kernforderungen der Abzockerinitative mit praktikablen Vorschlägen zur Verbesserung der Spielregeln in den grossen Aktiengesellschaften vermischen, könnte nun Schub in die längst fälligen Reformen des Aktienrechts kommen. Kommt die Lösung im Parlament durch, wird Thomas Minder seine Initiative zurückziehen.
Blocher und Minder steuerten von verschiedenen Seiten her auf das Ziel zu: Eiferer Minder zeigte Sinn für Praktisches, der in seiner Zeit als Bundesrat gemässigte Blocher fand zurück zum Geist alter Forderungen.
Minders Hauptziele sind auch in der Einigungslösung berücksichtigt. Seine Initiative verlangt, dass die Aktionäre an der Generalversammlung jährlich über die Gesamthöhe der Vergütung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung abstimmen, Verwaltungsräte sollen zudem jährlich einzeln gewählt und das Depotstimmrecht abgeschafft werden. Allerdings wären mit einer parlamentarischen Lösung die Vorgaben nur im Gesetz und nicht in der Verfassung festgeschrieben – wodurch sie in Zukunft leichter abänderbar wären.
Doch nicht nur in dieser Hinsicht war Minder zu Entgegenkommen bereit, er verzichtete auch auf einzelne Forderungen, etwa darauf, Mehrfacharbeitsverträge für VR- und Geschäftsleitungsmitglieder zu verbieten.
Die nun abgemilderten Vorschläge erscheinen erst recht massvoll, wenn man sie mit den Ideen vergleicht, die Minder noch vor der Lancierung seiner Initiative 2006 verfolgte. So war in seinen ursprünglichen Entwürfen etwa der Vorschlag einer Höhenbegrenzung für Managerlöhne drin. Diese sollten maximal das Dreifache eines Bundesratsgehalts umfassen, also rund eine Million Franken. Zudem wollte Minder die Lohnschere in den Unternehmen begrenzen, indem der höchste Lohn maximal 30-mal so hoch sein durfte wie der tiefste. Doch Minder sah bald ein, dass diese Vorschläge erstens die Entscheidungsfreiheit in den Unternehmen zu stark einschränkten und zudem wenig praktikabel waren. In die Initiative fanden sie keinen Eingang.
Auch Blocher zeigte einen bemerkenswerten Wandel. Als Oppositionspolitiker vor seiner Zeit als Bundesrat von 2003 bis 2007 präsentierte er sich als radikaler Verfechter von Transparenz. So reichte er in der Frühjahrssession 2002 eine parlamentarische Initiative ein, in der er verlangte, dass die Vergütungen aller Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder einzeln offengelegt werden müssen. Als Bundesrat sah er dies nicht mehr so eng: Nur die Verwaltungsräte, nicht aber die Geschäftsleitungsmitglieder sollten ihre Vergütungen offenlegen.
Ebenfalls klar ablehnend stand Blocher einer Abstimmung an der Generalversammlung über die Gesamtentschädigung der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats gegenüber. In diesem Punkt gab Blocher nun überraschenderweise nach – und fand damit teilweise zurück zum radikaleren Geist seiner Oppositionsjahre.