Hohe oder doch wenigstens steigende Löhne hängen sehr direkt zusammen mit der allgemeinen Lage des Arbeitsmarktes. Je ausgetrockneter er ist, umso eher sind Arbeitgeber bereit, markant nachzulegen, um bewährte Kräfte zu halten und neue an Land zu ziehen. Und je höher die Arbeitslosenquote ist, umso zurückhaltender werden die Arbeitgeber. Wer dann noch den Teuerungsausgleich erhält, kann sich schon glücklich schätzen. Und wer erkennen lässt, dass er damit nicht glücklich ist, hört schnell einmal den Satz: «Wenns Ihnen nicht passt …»

An diesem einfachen Gesetz von Angebot und Nachfrage gemessen, müssten die Löhne generell schon seit etlichen Jahren stagnieren. Denn seit der ersten Hälfte der Neunzigerjahre war der Arbeitsmarkt im Ganzen niemals wirklich ausgetrocknet, die Arbeitslosenquote lag allenfalls einmal knapp unter zwei Prozent, fiel aber nie gegen die Null-Linie.

Dennoch sanken die Reallöhne in diesem Zeitabschnitt nicht, sondern nahmen zu, schwach zwar, aber immerhin. In manchen Bereichen, darunter den Hightech- und Finanzdienstleistungsbranchen, verzeichnete man sogar massive Lohnsteigerungen. Der Druck auf die Löhne wurde offenbar aufgefangen durch das Entstehen neuer Branchen, durch den Einzug einer neuen Technologie in die traditionellen Unternehmen und ganz allgemein durch einen eigentlichen Boom von Firmengründungen. Dies drückte sich in den letzten Jahren auch in unserer Umfrage «Wer hat Arbeitsplätze geschaffen?» aus. Da herrschte ein reges Kommen und Gehen von kleinen und mittleren Unternehmen sowie von Neugründungen, die alsbald wieder von der Bildfläche verschwanden.

Spätestens seit dem letzten Jahr ist diese Phase vorbei: Die New Economy liegt in Scherben, singuläre Ereignisse wie der Terrorakt vom 11. September haben uns die gute Laune verdorben, die Bilanzierungskunststückchen in einigen amerikanischen Grosskonzernen haben das Vertrauen in die Wirtschaftskapitäne untergraben, der Börsencrash in mehreren Etappen und die schamlosen Abzockereien in manchen Chefetagen wirkten auch nicht eben vertrauensbildend. Kurz: Wir haben ein wenig den Spass an der Veranstaltung Wirtschaft verloren. Das drückt sich in sinkender Stimmung der Konsumenten aus. Und das wiederum führt zum Einsturz der letzten stützenden Säule der Konjunktur. Was wiederum unschöne Wirkungen für den Arbeitsmarkt zeitigt.

Bereits zieht die Arbeitslosenquote wieder leicht an. Diesmal sind es nicht nur die älteren und/oder weniger gut ausgebildeten Arbeitnehmer, die den blauen Brief bekommen, sondern vermehrt auch jüngere, ehemals als «high potentials» geltende Menschen aus Branchen, in denen bis vor kurzem die Bäume in den Himmel zu wachsen schienen.

In diesem eher düsteren Umfeld gibt es aber zahlreiche Lichtpunkte. Das sind jene Unternehmen, die trotz den unfreundlichen Rahmenbedingungen ihren Personalbestand vergrössern. Mittels einer Umfrage, an deren Verbreitung sich auch Economiesuisse beteiligte, hat die BILANZ bereits zum sechsten Mal in Folge erhoben, welche Unternehmen in den letzten 18 Monaten zu den Arbeitsplatz-Champions gehörten.

Das Ergebnis ist angesichts des weit verbreiteten Pessimismus einigermassen verblüffend. Zwar haben sich heuer weniger Unternehmen als in den Vorjahren an der Umfrage beteiligt (150 statt wie bisher über 200), sie bringen aber zusammen immer noch deutlich über 10 000 neu geschaffene Arbeitsplätze auf die Waage (Vorjahr: 17 000). Jene 20 Unternehmen, die am meisten neue Arbeitsplätze geschaffen haben, finden Sie in der Tabelle «Top 20: 6983 neue Arbeitsplätze», alle anderen in der Auflistung «150 Firmen: 10 633 neue Arbeitsplätze».

Den Vogel abgeschossen hat im diesjährigen Ranking die Coop-Gruppe, die ihren Personalbestand um 1289 auf 37 417 Vollzeitstellen ausbaute. Das hängt zum einen mit dem Ausbau des Baumarkt-Filialnetzes zusammen, zum anderen mit der erstaunlichen Dynamisierung, die Coop-Chef Hansueli Loosli dem lange Zeit als eher verschlafen geltenden Detailhandelskonzern verpasste. Im Vergleich dazu vermochte die Migros als Gruppe im Berichtszeitraum nicht zuzulegen, auch wenn einzelne Teile ihren Personalbestand erhöhten, darunter der MGB als Zentrale des Konzerns, die Migrosbank und das Reiseunternehmen Hotelplan. Immerhin belegte die Migros-Gruppe im Vorjahr mit exorbitanten 2338 neuen Arbeitsplätzen den Spitzenrang – da war wohl auch eine gewisse Konsolidierung angesagt.

An zweiter Stelle folgt, wie schon im Vorjahr, der Kraftwerkbauer Alstom, der um 937 Arbeitsplätze zulegte. Das ehedem totgesagte «Heavy metal»-Geschäft war wohl doch nur scheintot. Die dritte Position besetzt der Basler Pharmakonzern Novartis, der offenbar allen Unkenrufen zum Trotz den Standort Schweiz weiter pflegt und im Heimmarkt 650 neue Arbeitsplätze geschaffen hat.

Auffällig in unserer diesjährigen Rangliste ist eine erstaunliche Kontinuität. Von den 20 topgesetzten Unternehmen dieses Jahres figurierten acht bereits im Vorjahr in den top 20, und zwei weitere waren in den vorderen Rängen des grossen Rests. Umgekehrt finden sich von den top 20 des Vorjahres ein ganzes Dutzend abermals in unserer Liste. Das heisst, diese Unternehmen haben mindestens im zweiten aufeinander folgenden Jahr Arbeitsplätze geschaffen. Die beiden stabilsten Arbeitsplatzschaffer sind dabei McDonald’s Suisse, seit sechs Jahren kontinuierlich in den top 20, dreimal sogar an der Spitze, und die Raiffeisenbank, die ebenfalls immer in den top 20 dabei war.

Und das dürfte sich fortsetzen. Denn ein Drittel der aufgelisteten Arbeitsplatzschaffer meldete in unserer Umfrage auch offene Arbeitsplätze, insgesamt 670; allein McDonald’s meldet für die nächsten Monate einen Bedarf von 130 Personen. Wir werden also auch im kommenden Jahr kaum Schwierigkeiten haben, unsere Liste der grössten Arbeitsplatzschaffer des Landes zu erheben. Gerd Löhrer, Redaktor BILANZ, E-Mail: gerd.loehrer@bilanz.ch
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