Die Börse in Hongkong streckt ihre Fühler nach der Londoner Rivalin LSE aus - und könnte damit deren eigene Übernahmepläne durchkreuzen. Die Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEX) machte der LSE am Mittwoch überraschend ein Übernahmeangebot im Gesamtvolumen von 31,6 Milliarden Pfund (umgerechnet rund 38,9 Milliarden Franken).

Ein Zusammenschluss der beiden Unternehmen würde einen weltweiten Marktführer unter den Börsenbetreibern schaffen, erklärte der Konzern aus Hongkong. Bei Anlegern sorgte das für Freude: Die LSE-Aktie schoss um bis zu 16,4 Prozent in die Höhe. Die grössten Anteilseigner der LSE sind der katarische Staatsfonds QIA (10,3 Prozent), Blackrock (6,9 Prozent), The Capital Group (6,8 Prozent) und Lindsell Train Limited (5 Prozent).

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Auch die Titel der Deutschen Börse notieren zeitweise gut drei Prozent fester.

Für den Deal gilt eine Bedingung

Eine Transaktion stehe allerdings unter der Bedingung, dass die Anfang August angekündigte Übernahme des Datendienstleisters Refinitiv durch die LSE nicht zustande komme, erklärte HKEX. Der Deal zwischen den bisherigen Refinitiv-Eignern Blackstone und Thomson Reuters sowie der LSE wird derzeit von den Kartellbehörden und Finanzaufsehern in den USA, der Europäischen Union und anderen Ländern geprüft.

Der Hongkonger Börsenbetreiber teilte mit, ebenfalls schon Gespräche mit den Aufsehern im Heimatmarkt und in Grossbritannien zu führen. Die Ankündigung vom Mittwoch sei jedoch noch keine finale, verbindliche Kaufofferte. Die LSE bestätigte das Interesse aus Hongkong, reagierte allerdings verhalten. Die geplante Übernahme von Refinitiv werde weiter vorangetrieben, man mache Fortschritte. Das Angebot der HKEX komme unabgestimmt und stehe unter vielen Vorbehalten. Das LSE-Management werde es dennoch prüfen und sich in Kürze ausführlich dazu äussern.

Neue Chance für die Deutsche Börse?

Der HKEX gehört bereits die Londoner Metallbörse. Die LSE ist im Gegenzug an einem Ausbau ihres Geschäfts in Asien interessiert und verkündete vor Kurzem eine Partnerschaft in Shanghai. Refinitiv ist die ehemalige Finanzmarktsparte von Thomson Reuters, dem Mutterkonzern der Nachrichtenagentur Reuters. Sie wurde erst 2018 mehrheitlich von Blackstone übernommen. Das Unternehmen bietet unter anderem Börsenkurse und Konjunkturdaten sowie Informationen zu Fusionen und Übernahmen.

Sollte der Refinitiv-Deal mit der LSE nicht zustande kommen, könnte es für die Deutsche Börse wieder spannend werden: Die LSE hatte mit dem Refinitiv-Übernahmeangebot die Pläne des deutschen Börsenbetreibers durchkreuzt, sich die Devisenhandelsplattform FXall einzuverleiben, um ihre eigene Plattform 360T zu stärken.

(reuters/awp/mbü/rap)