TIKI.

Manche Aromen sind unauslöschlich mit Kindheitserinnerungen verbunden. Die von Tiki gehören dazu. Es gibt wohl nur wenige Erwachsene, die als Kind ihr Taschengeld nicht in diese Süssigkeit investiert haben. «Tiki ist ein sehr emotionales Produkt», bestätigt Karin Huber. Sie ist Geschäftsführerin der Tiki AG und der Domaco AG im aargauischen Lengnau. Zwar wird Tiki fast ausschliesslich in der Schweiz verkauft. Doch das Produkt hat eine sehr bewegte, internationale Vergangenheit hinter sich.

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Bereits 1907 erfand ein Mann namens Hynek Boleslav Allan im heutigen Tschechien ein süsses Brausepulver. Als sein Sohn 1947 in die Schweiz floh, nahm er das Rezept mit. In Lausanne begann er, Tiki-Tabletten zu produzieren und hatte in den 50er und 60er Jahren grossen Erfolg damit. Eine italienische Firma kaufte Tiki in den 1980er Jahren und wirtschaftete die Firma herunter. Tiki war vom Ende bedroht. Erst 1991 übernahm die auf Pastillen und Bonbons spezialisierte Domaco AG in Lengnau die Marke Tiki. Eine Drittfirma war für den Vertrieb verantwortlich. Zwei Jahre später begann Domaco, Tiki in Eigenregie zu vertreiben. «Wir konnten zunächst den Abwärtstrend brechen. Seit rund zehn Jahren sind wir wieder auf sehr gutem Weg», sagt Geschäftsführerin Silvia Huber.

Aha-Effekt mit Retrolook

Als Familienbetrieb verzichtet Domaco darauf, Umsatzzahlen bekannt zu geben. Die Tochtergesellschaft Tiki AG bereitet dem Mutterhaus vorwiegend erfreuliche Zahlen: Rund 3 Mio Fr. Umsatz sind es pro Jahr. Gleich nach der Übernahme betrug der Umsatz nur noch eine halbe Million. Die neu gegründete Firma versuchte alles, um das traditionelle Produkt auch den heutigen Kindern schmackhaft zu machen. Vor allem die Verpackung sollte zeitgemässer werden. Versuche mit Comic-Tieren scheiterten. Wenig Erfolg brachte auch das Design mit dem Kopf einer Manga-Comic-Figur mit grünen Haaren.Im Hinblick auf das 60-Jahr-Jubiläum konzentrierten sich die Marketingleute wieder auf das Retrodesign der damaligen Zeit. Das Ergebnis war überraschend: Erst die Verpackung mit dem braven Knabenkopf mit der Seitenscheitel löste bei den Konsumenten den Aha-Effekt aus. Sie erkannten das Produkt aus der Kindheit wieder. Satte 30% Umsatzsteigerung erzielte der Retrolook seit der Einführung 2005. Heute sind die Tiki-Tabletten in Nostalgieverpackung an Kiosken und Supermarktkassen präsent. Dank des Jubiläums wurden viele Leute wieder auf Tiki aufmerksam, die dachten, das Produkt sei wieder neu auf den Markt gekommen. Begeistert folgten sie dem Aufruf, von ihren ganz persönlichen Tiki-Erlebnissen zu schreiben. Das grosse Echo überraschte alle. In Briefen und E-Mails schwelgten gestandene Erwachsene in Kindheitserinnerungen. Sehr beliebt war die prickelnde Brausetablette auf Schulreisen. Marketingleiterin Hanne Brogens: «In Brunnenwasser aufgelöst war es für viele die erste süsse Limonade ihres Lebens und erst noch erschwinglich.» Dass Tiki heute trotz allem ein bisschen anders schmeckt, liegt nicht nur an der möglicherweise allzu positiv verzerrten Erinnerung, sondern daran, dass aufgrund des Lebensmittelgesetzes die Rezeptur leicht geändert werden musste. Heute besteht Tiki aus weniger Farbstoffen und weniger künstlichen Aromen. Natürlich an Tiki ist aber auch weiterhin nur der Zucker. Rund 6 Mio Tiki-Tabletten laufen im Hightech-Betrieb pro Jahr durch die Pressmaschinen. Die Tabletten sind wie eh und je in den Aromen Himbeere, Cola, Erdbeere und Orange erhältlich.

Es sprudelt und prickelt

Neben den Erwachsenen sollen aber auch die Kinder und Jugendlichen als Zielgruppe nicht vergessen werden. So gibt es weiterhin das Logo mit der japanischen Comic-Figur auf den Plastikröhrchen. Sie enthalten winzig kleine Tiki-Tabletten und heissen Mini Shots. Neu ist auch «Tiki Tongue», das die Zungen färbt. Kinder zwischen 5 und 14 Jahren sollten im Weiteren mit Sponsoring von Fussballleibchen und Fussballcamps angesprochen werden. Das Produkt an sich wollen die Hersteller nicht verändern. Silvia Huber: «Dem Produkt sind gewisse Grenzen gesetzt. Es sprudelt und prickelt.» Dennoch will Tiki 2008 mit einem neuen Produkt in Pulverform überraschen. Wie das genau aussehen wird, verrät die Geschäftsführerin noch nicht. Auch geografisch wird Tiki wohl nicht expandieren. Tiki ist ein ur-helvetisches Produkt, das ausserhalb der Landesgrenzen auf wenig Interesse stösst. In Deutschland beispielsweise war es nicht möglich, Tiki auf dem riesigen und preisgünstigen Süsswarenmarkt zu positionieren. Auch Expansionsversuche in Italien und Spanien blieben erfolglos. Bleibt die Frage, was das Wort Tiki denn eigentlich bedeutet. Silvia Huber: «Woher der Name genau kommt, können wir nur annehmen. Verschiedene Völker des Südseeraums verwenden den Begriff Tiki in ihrer Sprache für Mann oder Mensch.»