Ein Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank ist vom Tisch. Die seit Wochen laufenden Verhandlungen der beiden grössten deutschen Privatbanken sind gescheitert. Beide Banken seien nach gründlicher Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass ein Zusammenschluss «keinen ausreichenden Mehrwert» bieten würde, teilten die Institute am Donnerstag in Frankfurt mit. Reuters hatte bereits am Morgen vom Scheitern der Gespräche berichtet. Deutschlands Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der als Befürworter einer Fusion galt, erklärte, Kooperationen machten nur Sinn, wenn sie sich betriebswirtschaftlich rechneten. Die Aktien der Commerzbank gaben an der Frankfurter Börse um 3,7 Prozent nach, die Papiere der Deutschen Bank, die gleichzeitig einen überraschend hohen Gewinn für das erste Quartal veröffentlichte, legten knapp drei Prozent zu.

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«Es war sinnvoll, diese Option einer innerdeutschen Konsolidierung zu prüfen. Für uns war aber von Anfang an klar: Mit einem Zusammenschluss müssten wir höhere und nachhaltigere Renditen für unsere Aktionäre erreichen und die Leistungen für unsere Kunden verbessern können», erklärten Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Martin Zielke, wortgleich in getrennten Mitteilungen. Einem Insider zufolge will das Management der Deutschen Bank die Mitarbeitervertreter am Abend informieren.

Die zwei Institute hatten seit Mitte März formelle Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss geführt, durch den die mit weitem Abstand grösste deutsche Bank entstanden wäre. Allerdings wären bei einem Zusammenschluss aller Wahrscheinlichkeit auch mehrere zehntausend Jobs wegfallen - in den beiden Frankfurter Zentralen und bundesweit in den Filialen. Die Gewerkschaften waren deshalb seit dem Bekanntwerden der Fusionspläne Sturm gelaufen. Auch große Investoren der Deutschen Bank, darunter das Emirat Katar und der chinesische Mischkonzern HNA, sahen das Unterfangen von Beginn an skeptisch.

Zu viele Probleme

Zuletzt war immer klarer geworden, dass es womöglich zu viele Hindernisse für eine Fusion gibt - angefangen von der Struktur einer neuen Bank, deren Geschäftsmodell, der Finanzierung des Deals bis zu dem erwarteten Jobkahlschlag. Insider hatten die Chancen auf eine Fusion oder Übernahme der kleineren Commerzbank durch die Deutsche Bank allerdings lange als 50 zu 50 bewertet. Vor allem Commerzbank-Chef Martin Zielke galt als Befürworter eines Zusammengehens, ebenso wie der grösste Aktionär der Commerzbank, der Bund. Scholz hatte immer wieder die Bedeutung eines nationalen Bankenchampions betont, der die heimischen Firmen im Ausland begleiten kann. Von Seiten der Aufseher - zuständig ist die Europäische Zentralbank (EZB) - waren zuletzt allerdings eher skeptische Töne zu hören.

Nun steht Branchenbeobachtern zufolge vor allem die Deutsche Bank zunächst mit leeren Händen da und muss wohl relativ schnell einen Plan B auf den Tisch legen - möglicherweise mit weiteren harten Einschnitten. Zuletzt war bekannt geworden, dass die Deutsche Bank ihre Vermögensverwaltungstochter DWS womöglich mit der entsprechenden Sparte der Schweizer Grossbank UBS zusammenlegen könnte. UBS-Chef Sergio Ermotti lehnte einen Kommentar dazu ab, sieht die Absage der Fusion in Deutschland aber nur als Verzögerung der nötigen Branchenkonsolidierung. «Das ändert nichts daran, dass man früher oder später eine Art von Konsolidierung in der Industrie sehen wird», sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Die Deutsche Bank teilte zudem am Donnerstag mit, sie rechne für das erste Quartal unter dem Strich mit einem Gewinn von rund 200 Millionen Euro. Analysten hatten im Schnitt mit einem deutlichen Gewinnrückgang auf nur 29 Millionen Euro gerechnet. Die offizielle Zwischenbilanz soll wie geplant am Freitag veröffentlicht werden.

Nichtstun keine Option

Die Commerzbank, fokussiert auf Privatkunden und den deutschen Mittelstand, könnte nun das Interesse einer ausländischen Grossbank auf sich ziehen - unter anderem hat Insidern zufolge die italienische Großbank Unicredit ein Auge auf das Institut geworfen. Auch die niederländische ING-Bank gilt als Interessent. «Es ist klar, dass jetzt andere aus dem Busch kommen werden mit Angeboten und Ideen», sagte ein hochrangiger Commerzbank-Manager zu Reuters.

Kommt es nicht zu einer solch grenzüberschreitenden Fusion, muss auch die Commerzbank einen Plan B ausarbeiten. Das Geldhaus hat im vergangenen Jahr zwar mehr als doppelt so viel verdient wie die Deutsche Bank, aber auch ihr machen die niedrigen Zinsen und der harte Wettbewerb zu schaffen. Konzernchef Martin Zielke hat bereits klar gemacht, dass die Commerzbank unabhängig vom Ausgang der Fusionsgespräche handeln muss: «Die Alternative, nichts zu tun, gibt es nicht.»

Deutsche Bank und Commerzbank, die beide nächstes Jahr auf eine 150-jährige Historie zurückblicken können, sind die beiden letzten Überlebenden unter den deutschen Grossbanken, nachdem die Münchener HVB von Unicredit, die Dresdner Bank von der Commerzbank und die Postbank von der Deutschen Bank übernommen worden war. Sie hatten bereits vor ein paar Jahren Gespräche über einen Zusammenschluss geführt, dieser «Sommerflirt» war aber schnell wieder beendet worden.

(reuters/ccr)