Und plötzlich warnt auch André Dosé vor einem Gasblackout. In einem Interview mit der NZZ sagt er, die Schweiz sei sich wohl nicht bewusst, wie gefährlich die Situation sei. Und die Schweiz wundert sich: André Dosé, der Pilot?

Vielleicht ist es etwas unfair, den früheren Crossair-Manager noch immer auf seinen Job im alten Jahrtausend zu reduzieren. Aber haben Sie mitbekommen, dass der einstige Swiss-Chef nach seiner Zeit im Airlinebusiness ins Gasfach wechselte?

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Schon seit 2011 ist er Präsident des Gasverbunds Mittelland, der die Nordwestschweiz mit Gas versorgt. Seit 2013 sitzt er im Verwaltungsrat der Swiss Energy Trading, seit 2018 im Verwaltungsrat der Pipeline-Betreiberin Transitgas und ebenfalls seit 2018 präsidiert er die Netzbetreiberin Swissgas.

Dosé ist der oberste Schweizer Gasversorger. Aber haben Sie ihn zuvor schon mal warnen gehört?

Wenn die Gasbranche nun auf die Politik schiesst, dann gibt es da sicher berechtigte Punkte in einer Energiestrategie, von der seit Jahren bekannt ist, dass sie vielleicht etwas zu naiv ausgestaltet war.

Das mit dem angenommenen Rückgang des Pro-Kopf-Stromverbrauchs war wohl etwas sehr optimistisch. Zumal in Zeiten, in denen man Benziner durch Strom-Autos ersetzen will und fossile Heizungen durch elektrische Wärmepumpen.

Aber: Die Gasbranche lenkt damit auch von ihrem eigenen Versagen ab, die heikle Lage mit dem russischen Gas auch nur ansatzweise erkannt zu haben.

Noch im Frühling, als die Erdgaspipeline Nord Stream 2 bereits seit einem Jahr für Schlagzeilen sorgte, waren die Herren – meist sind es Männer – in den Gas-Organisationen kaum imstande, auch nur zu sagen, woher aktuell das in der Schweiz konsumierte Gas stammte.

Die Branche kaufte bis vor kurzem einfach ein, was sie gerade zum billigsten Preis erhielt. Woher das Gas stammte, bekam man dann im Nachhinein als Statistik geliefert.

Im Jahr darauf. Für das Jahr 2018 liegt bis heute keine Angabe vor. Der Grund: Irgendwo in Deutschland seien die entsprechenden Daten nicht erhoben worden. Wirklich zu interessieren schien das damals niemanden. 

Auch die Regionalversorger und Stadtwerke interessierten sich teilweise nicht für die Herkunft der von ihnen vertriebenen Energie. Die meisten verwiesen auf die «gemeinsame Beschaffung» der Branche. Nur wenige fuhren wirklich eine eigene Beschaffungsstrategie.

Die Krise bei Gas und Strom sei grösstenteils selbst verschuldet, sagt Dosé und spricht von Träumerei. Dabei war es seine Branche, die den Absatz von Erdgas seit Jahren pusht – auch als Alternative zu vermeintlich unzuverlässigen erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaik – und die sich nicht dafür interessierte, von welchen Lieferanten man sich dabei abhängig machte.

Dass in der Ukraine ein Krieg ausbrechen würde, konnte man vor einem Jahr nicht voraussehen. Aber wenn nun ausgerechnet die Importeure des russischen Gases anderen Naivität vorwerfen, ist das schon reichlich merkwürdig.