Und jetzt leidet Aryzta auch noch unter dem Hitzesommer: Weil die Getreidepreise wegen der Trockenheit in Europa in die Höhe geschossen sind, hat sich die Produktion des irisch-schweizerischen Backwarenkonzerns massiv verteuert. Es ist das neuste von vielen Problemen des Herstellers.

Aryztas Lage ist so misslich, dass das Management heute zu einer bei Konzernen unbeliebten Massnahme gegriffen hat: Es stockt das Kapital um 800 Millionen Euro auf. Den Aktionären werden ihre Anteile verwässert. Mit dem frischen Geld will der hochverschuldete Konzern Zeit gewinnen, um sich zu sanieren. Aryzta steckt mit rund 2,7 Milliarden Euro in der Kreide.

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Börsenkurs auf Talfahrt

Lange hat sich die Führung um CEO Kevin Toland dagegen gesträubt, neue Mittel hereinzuholen. Um die Kapitalaufstockung zu umgehen, versuchte Aryzta zuletzt, die Tochterfirma Picard verkaufen. Doch für den französischen Hersteller von Tiefkühlkost liess sich bis jetzt keinen Käufer finden, wie Anfang Monat bekannt wurde.

Und damit ist der Druck der Banken und der Börse zu gross geworden. Arzyta lief Gefahr, die Kreditbedingungen zu verletzen, die er wegen seiner Schulden gegenüber der Banken eingegangen ist. Und Kevin Toland musste die Talfahrt an der Börse stoppen: Seit Anfang Jahr ist der Kurs um über drei Viertel abgestürzt.

Aryzta_Tiefkühlbackwaren

Tiefkühlgipfeli: Dafür ist besonders die Aryzta-Marke Hiestand bekannt.

Quelle: Keystone

Mit der Kapitalerhöhung gewinnt der Aryzta-Chef Spielraum, die Sanierung anzugehen. Bis 2021 will der irische Manager Aryztas Schulden um eine Milliarde Euro verringern und jährlich Kosten von 90 Millionen Euro einsparen. Er muss einen Schuldenberg abtragen, welcher seine Vorgänger verursacht haben: Der frühere CEO Owen Kilian verfolgte eine aggressive Expansionsstrategie und kaufte Unternehmen zu.

Nachfolger Toland versucht nun, einen Teil dieser zugekaufen Firmen wieder zu Geld zu machen. Fast die die Hälfte des Schuldenabbaus soll dank Firmenverkäufen gelingen – auch Tochter Picard will Toland weiterhin abstossen.

Kunden backen lieber selber

Toland muss aber nicht nur finanzielle Probleme lösen: In Europa macht Aryzta den Trend zu schaffen, dass Kunden Backwaren wieder selber herstellen wollen. So hat beispielsweise Detailhändler Coop letztes Jahr den Auftrag bei Aryzta gekündigt. Und Aryzta hat tiefe Margen, besonders im wichtigsten Markt USA: Dort sind die Produktionskosten gestiegen, und Arzyta hat Mühe, seine Betriebe auszulasten. «Wir haben die Herausforderungen des schwierigen Marktumfelds unterschätzt», sagte Toland im Mai.
 

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Owen Kilian: Der langjährige Aryzta-CEO musste Anfang 2017 abtreten.

Quelle: Keystone

Toland steht unter Druck wegen Problemen, die ihm die Vorgänger hinterlassen haben. Seine bisherige Leistung beurteilen Analysten allerdings auch kritisch. So musste Toland im Mai zum zweiten Mal die Prognose nach unten anpassen. Dass es ihm anders als angekündigt bislang nicht gelungen ist, die Tochter Picard zu verkaufen, kam ebenfalls schlecht an.

Auch für die Kommunikation erhält er schlechte Noten: Die genaue Ausgestaltung des Börsengangs will Toland beispielsweise erst im Oktober bekanntgeben. Und dass eine Grossbäckerei in den USA wegen einer Razzia letzten Sommer den Betrieb einstellen musste, gab Aryzta erst Monate später bekannt. Die Meldung macht Ende 2017 weltweit Schlagzeilen. Mit der Kapitalerhöhung versucht Toland nun den Befreiungsschlag. Ob er gelingt, wird sich frühestens im Oktober weisen.