Veranstaltungen scheinen in der Schweiz erst in Monaten wieder stattfinden zu können. Was halten Sie davon?
Natürlich gefällt uns dies gar nicht. Deshalb fordern wir eine baldige und stufenweise Aufhebung des Veranstaltungsverbotes. Damit wollen wir den Kunden sowie den betroffenen Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit gewährleisten. Sie sollen ihre Tätigkeit möglichst bald wieder aufnehmen können.

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Bundesrat Alain Berset hat aber angedeutet, dass dies noch länger dauern wird. Können Sie das verstehen?
Immerhin hat der Bundesrat Grossveranstaltungen nicht gleich bis Ende August verboten, wie dies in Deutschland der Fall ist. Ein Fünkchen Hoffnung bleibt uns also noch. Wir wären dankbar, wenn wir als Verband unsere Vorschläge zur Sicherheit von Veranstaltungen im konstruktiven Austausch einbringen und so die Aufhebung auf realistische und sinnvolle Weise vorantreiben können. 

Eugen Brunner

Eugen Brunner ist Präsident des Verbandes Expo Event, der die Live-Kommunikationsbranche vertritt. Expo Event umfasst rund 150 Organisationen, von der Veranstaltungshallen (Hallenstadion Zürich, KKL Management) über Messefirmen (Bernexpo, Expovina, MCH, Olma) und Technikbetrieben (Dr. W. A. Günther, Stagelight, Kilchenmann) bis hin zu Veranstaltern. Brunner ist Managing Partner bei der Eventagentur Aroma in Zürich.  

Quelle: ZVG

In Deutschland geht es erst wieder ab August. Wie sieht es für die Schweiz aus?
Wünschenswert wäre es, dass die Entscheide zur Verlängerung des Veranstaltungsverbotes von den Behörden frühzeitig kommuniziert würden, was den Aufwand und die Unsicherheit bei den Veranstaltern und den nachgelagerten Personen und Unternehmen senken würde.

Unter welchen Voraussetzungen könnte man eine Messe oder einen grösseren Event wieder stattfinden lassen?
Indem eine andere Handhabung der Besucherzahlen für Veranstaltungen oder Messen vom Bundesrat kommuniziert würde. Denn ausschlaggebend ist längst nicht alleine die Zahl der Besuchenden, sondern die Massnahmen, die zu deren Schutz getroffen werden. Sicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Business. Das war schon vor Corona so, und es wird nach Corona noch stärker so sein.

Müssten die Leute alle Masken tragen, sich vorher Blut nehmen lassen, immer die Mindestdistanz einhalten…? Gibt es da ein Konzept seitens Ihres Verbands?
Das Konzept liegt vor und wurde auch schon mit dem Staatssekretariat Seco diskutiert. 

Können Ihre Mitglieder diese Anforderungen überhaupt erfüllen?
Auf jeden Fall. Planung, Organisation und Sicherheit war schon vor Corona eine der Hauptstärken unserer Mitglieder, und dies hat sich nicht verändert. Im Gegenteil – unsere Branche will und muss sich in dieser Krise diesen Herausforderungen stellen.
 
Fühlen sich die Unternehmen aus der Live-Kommunikations-Branche im Stich gelassen?
Ja und nein. Der Bundesrat hat auf unsere ersten Interventionen rasch und souverän gehandelt – mit den zinsfreien Darlehen und der flexiblen Kurzarbeit.
 
Trotzdem sind Sie doch eine arg gebeutelte Branche.
Unser Problem ist, dass unsere Branche – im Speziellen Veranstalter von Grossanlässen, Sportevents, Festivals und Messen – die ersten waren und die letzten sein werden, welche von den Corona-Krise betroffen sind. Die Folgen sind erschreckend, weil die sehr lange Wertschöpfungskette in ihre Einzelteile zerrissen wird.
Dänemark erlaubt wieder Events bis 500 Personen

Ab dem 10. Mai sollen in Dänemark wieder öffentliche Versammlungen von bis zu 500 Menschen zugelassen werden. Dies beschloss das Gesundheitsministerium laut einem Bericht des Senders TV2. Derzeit sind nur Zusammenkünfte von maximal zehn Personen erlaubt. Die neue Grenze solle bis Anfang September gelten. Dänemark hatte letzte Woche mit der Lockerung des Lockdown begonnen und Kitas und Schulen geöffnet. Seit dieser Woche können einige Kleinunternehmen wie Friseur- und Kosmetikstudios sowie Fahrschulen wieder öffnen.

(Reuters)

Wie ist die Situation der Unternehmen in Ihrer Branche?
Dramatisch. In durchwegs allen KMU aus dem Umfeld der Live-Kommunikation wütet der Coronavirus wie eine Bestie und hinterlässt bereits jetzt unheilbare Wunden. Eine Umfrage von Ende März zeigt: Wer es auch nur im Entferntesten mit Messen, Seminaren, Tagungen oder Events zu tun hat – und das sind hunderte KMU mit tausenden Arbeitnehmern – steht unmittelbar vor dem Abgrund. Oder er befindet sich schon im freien Fall.

Wie viele Konkurse erwarten Sie?
Dies ist im Moment schwer abzuschätzen, aber nur so viel dazu: Bis Ende April wird mit einem Stellenabbau von 30 Prozent gerechnet, falls bis dahin keine Finanzhilfen a-fonds-perdu bereitstehen. Die effektive Liquiditätssicherung der Firmen ist vollkommen unterschiedlich bemessen, liegt aber im Schnitt zwischen einem und maximal drei Monaten. Erste Entlassungen mussten bereits ausgesprochen werden, obschon dies für alle Betriebe die absolute letzte Massnahme und brutale Notlösung ist.

Wie viel Geld hat die Branche bis jetzt verloren?
Der entfallene Bruttoumsatz seit dem 28. Februar 2020 beträgt rund 260 Millionen Schweizer Franken. Der bis Ende Mai 2020 erwartete Brutto-Umsatz-Verlust beträgt rund 450 Millionen Schweizer Franken.

Die Forderungen des Veranstalter-Verbandes Expo-Event an den Bund
  • Eine baldige und stufenweise Aufhebung des Veranstaltungsverbotes, um sowohl den Kunden sowie den Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit zu gewährleisten.
  • Eine differenzierte Betrachtungsweise von «Veranstaltungen». Denn Messen, Kongresse und Tagungen sind keine Spassveranstaltungen, sondern Bestandteil unseres Wirtschaftssystems. Darum die Forderung, diese Veranstaltungen – unter Berücksichtigung aller nötigen Sicherheitsvorkehrungen – so rasch wie möglich wieder zu ermöglichen.
  • Eine zusätzlich differenzierte Handhabung der Besucherzahlen für Veranstaltungen. Denn ausschlaggebend ist längst nicht alleine die Zahl der Besuchenden, sondern die Massnahmen, die zu deren Schutz getroffen werden. Sicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Business.
  • Konsequenter und regelmässiger Miteinbezug in die Planung dieser stufenweisen Aufhebung. Wir werden unsere Vorschläge bezüglich der Sicherheit von Veranstaltungen im konstruktiven Austausch einbringen und so die Aufhebung auf realistische und sinnvolle Weise vorantreiben.

Wie viele der Unternehmen beziehen Kurzarbeit für Ihre Mitarbeiter?
96 Prozent der befragten Mitglieder des Expo Event-Verbandes mussten bereits Kurzarbeit beantragen.

Was erwarten Sie vom Bund, wie er diese Branche noch mehr unterstützen kann?
Die bisher gesprochenen und rasch «ausgelieferten» Hilfspakete werden auch von Verbandsseite her sehr begrüsst und dankbar entgegengenommen. Es gilt jedoch, die Situation haargenau und im Tagesrhythmus zu beobachten und aktuell zu beurteilen. Denn damit dieses Oeko-System nicht komplett zerfällt und eine ganze Branche mit in den Abgrund reisst, sind gezielte Hilfspakete à-fonds-perdu mit grösster Sicherheit unverzichtbar.    

Nehmen wir mal an, man könnte irgendwann wieder Messen, Konferenzen und Konzerte durchführen. Befürchten Sie nicht, dass die Leute aus Angst gar nicht erst kommen würden?
Absolut nicht. Ich glaube an diesen Rebound-Effekt. Die Leute werden ein grosses Verlangen haben, wieder nach draussen zu gehen und Festivals, Messen, Konzerte oder ähnliches besuchen zu können. Nachdem wir jetzt so lange zuhause bleiben mussten, wird dieses Bedürfnis stark vorhanden sein. Aber in der Regel brauchen Events etwas Vorlaufzeit. Deshalb haben die Unternehmen richtig gehandelt, indem sie ihre Events nicht ganz abgesagt haben, sondern später ins Jahr verschoben haben. 

Was raten Sie Ihren Mitgliedern in der jetzigen Situation?
Ruhe bewahren, Konzepte für die Zukunft ausarbeiten und durchhalten. Und hoffen, dass uns die Behörden sowohl finanziell als auch durch Lockerungen des Veranstaltungsverbotes rasch entgegenkommen.

Verband für Live-Kommunikation

Der nationale Branchenverband Expo Event vertritt Mitglieder, die Live-Kommunikation betreiben. Dazu gehören über 150 nationale und international tätige Schweizer Unternehmen. 

Darunter befinden sich unter anderem Messearchitekten und -designer, Messeorganisatoren und -veranstalter, Eventtechnik-Unternehmen, Caterer und weitere Dienstleister.

Der Verband hat seinen Sitz in Bern.