Mehr kleinflächige Läden und mehr Platz für Eigenmarken in den Gestellen. Ladenaufhübschung und günstigere Preise: Vieles von dem, was die Migros zu Wochenbeginn angekündigt hat, ist wichtig und richtig. Aber etwas davon ist gefährlich. Hochgefährlich. 

Beim Thema der Preise scheint die Migros gewillt, den Kampf mit den Widersachern von Aldi und Lidl aufs Grimmigste aufzunehmen. Angefangen mit Früchten und Gemüsen sollen dieses und nächstes Jahr die Preise von tausend Produkten des täglichen Bedarfs auf Discountniveau gedrückt werden. Damit, sagt Peter Diethelm, Chef der Migros Supermarkt AG, gebe es keinen Grund mehr, zum Discounter zu gehen. Was er damit meint: Die Migros ist zu allem bereit, um verlorene Kunden und Kundinnen zurückzuholen. 

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Klingt nach Preis-Bazooka. Die Metapher der Panzerabwehrhandwaffe prägte 2012 der damalige EZB-Chef Mario Draghi, der den Satz des «Whatever it takes» zu einer Redewendung machte. Was er damit meinte: Die Europäische Zentralbank werde alles Notwendige dafür tun, den Euro zu erhalten. Damit konnte er die Märkte beruhigen und den Zusammenbruch der Euro-Zone verhindern. 

Nun sieht Diethelm den «Whatever it takes»-Moment für die Migros gekommen. Und nimmt die Preis-Panzerfaust in Anschlag. Ohne Risiko ist das aber nicht. Wenn Händler A die Preise aggressiv senkt, dauert es meist nicht lange, bis Händler B und C nachziehen. Und was macht die Migros, wenn die Widersacher Aldi und Lidl ihrerseits die Preise senken? Diethelms Antwort: Dann werde die Migros nachziehen.

Wenn die Bazooka nach hinten losgeht

Das klingt zunächst zwar nach einer Art gelebtem Wettbewerb, den man hierzulande gerne mehr sehen würde. Und trotzdem ist die Offensive gefährlich – vor allem für die Migros. Als Aldi Suisse kürzlich eine spektakuläre Preisrunde beim Frischfleischsortiment lostrat, liess der Discounter verlauten, dass dies «keinerlei Auswirkungen auf die Produzentenpreise» haben werde. Und auch bei der Migros heisst es zur aktuellen Offensive, dass die tieferen Preise «ausdrücklich nicht auf Kosten von Landwirten und Produzenten gehen». 

So weit, so gut. Aber wenn die Konkurrenz weiter am Preisrad dreht und die Migros ihrerseits einen Zacken zulegt, ist es nur schwer vorstellbar, dass neuerliche Preissenkungen immer nur auf Kosten der Händler gehen sollen. Irgendwann werden die Produzenten ihren Teil daran zahlen müssen. Sollte das eintreten und würde dies im Falle der Migros publik, dann ginge der Schuss nach hinten los. Das würde dem Migros-Image, das von partnerschaftlichem Wirtschaften geprägt ist, schweren Schaden zufügen. 

Zu diesem einen schlechten Grund für ein unbedingtes Bazooka-Preisdumping gesellt sich ein zweiter: Wenn die Migros preislich gegen «die Discounter» antritt, dann meint sie damit wohl Aldi Suisse und Lidl Schweiz. Vergessen sollte der orange Riese aber nicht, dass er im eigenen Haus ebenfalls einen Discounter hat: Denner, den roten Riesen, der heute immer noch grösser ist als Aldi und Lidl. 

In dem Masse, wie sich die Migros selber als Discounter gebärdet, richtet sie die Bazooka auch gegen Denner. Und das kann in einem Konzern, der sich gerne auch mal als Firmenfamilie sieht, kaum die allerbeste Idee sein.