Wer heute am Postschalter 24 000 Franken einzahlt, hat keine Probleme. Noch nicht. Auf Ende Jahr soll die Limite für nicht identifizierte Barzahlungen von 25 000 auf 15 000 Franken gesenkt werden. So will es Ueli Maurers Finanzdepartement und beruft sich auf internationale Vorgaben. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) muss die politische Order ausführen. Die entsprechende Geldwäschereiverordnung tritt 2020 in Kraft. Wer irgendwo Cash einzahlt, muss sich ab 15 000 Franken ausweisen. Wäre da nicht der Nationalrat.

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Seine Wirtschaftskommission verlangt mit grosser Mehrheit in einem Vorstoss, dass Maurer die 25 000er Limite ins Gesetz schreibt. Eine Zustimmung in der grossen Kammer ist zu erwarten. Ob danach auch der Ständerat dem Vorstoss beipflichtet, ist offen. Ein Ja beider Räte würde eine brisante Konstellation bedeuten: Während die Finma den Überwachten – Banken, Vermögensverwaltern, Treuhändern, Anwälten und Notaren – eine tiefere Grenze von 15 000 Franken aufs Auge drückt, will der Gesetzgeber am Status quo festhalten. Was passiert dann?

Die zuständige Kommissionssprecherin sagte, zwar gebe es kein juristisches Sofortmittel, die Finma daran zu hindern, doch man könne politischen Druck ausüben. Es sei «davon ausgehen, dass die Finma auf eine Verordnungsanpassung verzichten wird, sollten beide Räte die Kommissionsmotion annehmen».

Neue Einschränkung am Postschalter

An Schärfe gewinnt der Vorgang mit einem dem Parlament unbekannten Fakt: «Postfinance wird ab 2020 Bareinzahlungen über 15 000 Franken auf Konten von Drittbanken generell ablehnen», sagt ein Sprecher. Nur so könne man die verschärfte Regulierung praxistauglich am Schalter umsetzten. Heute sind Zahlungen bis 25 000 Franken möglich. Sie beruft sich dabei auf die Postverordnung.

Dies sei aus zwei Gründen inakzeptabel, sagt SVP-Nationalrat Thomas Matter. «Erstens ist das Bargeld das offizielle Zahlungsmittel in der Schweiz. Und zweitens wird der Auftrag des Bundes an die Post, den Zahlungsverkehr sicherzustellen, sehr wahrscheinlich missachtet.» Er wird eine Interpellation einreichen, die vom Bundesrat verlangt, klarzustellen, ob Postfinance tatsächlich das Recht hat, Beträge über 25 000 beziehungsweise 15 000 Franken abzulehnen. Die Post kontert: «Die Grundversorgung des Zahlungsverkehrs umfasst nur Einzahlungen, wenn Kunden nicht identifiziert werden müssen.»

Irritierend ist, dass drei weitere Identifikationslimiten gelten: 5000 Franken im Geldwechsel, 10'000 Franken am Zoll und 100 000 Franken beim Barkauf, alle wegen der Geldwäschereibekämpfung.

Für Matter und die bürgerliche Ratseite geht es mit diesem Vorstoss deshalb ums Prinzip. «Wir müssen uns gegen die Tendenz wehren, dass Bargeld schleichend abgeschafft wird. Wohin das führt, zeigt Italien. Dort kann man nicht einmal mehr 1000 Euro einzahlen, ohne sich rechtfertigen zu müssen.» Die heutige Strategie sei eine Übung voller Willkür, erfunden von Bürokraten für Schönwetterlagen. «Denken Sie an Finanzkrisen wie 2008, Schuldenkrisen wie in Griechenland oder an Krieg. Dann bricht der Zahlungsverkehr zusammen. Bargeld wird zum einzigen Tauschmittel. Verbietet man es heute, verhindert man Geld in Notlagen.»

Konzept zur Bekämpfung von Geldwäsche steht in Frage

Maurers Departement verteidigt die Massnahme trotzdem. Ein Geldwäschereirisiko gebe es «auch schon bei kleinen Beträgen». Die neue Limite treffe nur «0,012 Prozent aller Transaktionen», nur jene an Postschaltern, und sei in der Konsultation der Branche «fast unbestritten» gewesen. Laut Postfinance wären 66 000 bis 70 000 Transaktionen jährlich von einer 15 000er Limite tangiert (Jahr 2014).

Doch sein Konzept zur Bekämpfung der Geldwäsche wird nicht nur politisch, sondern auch fachlich infrage gestellt. Der Compliance-Experte Christian Bärlocher sagt, mit der Senkung der Limite werde «typische Papier-Compliance» betrieben. Eine solche sei ineffizient, um Geldwäscherei zu verhindern, sozusagen aus dem letzten Jahrhundert. Viel bedeutender seien intelligente Computerprogramme, die Risikotransaktionen herausfilterten, unabhängig von der Höhe. Ähnlich argumentiert sein Berufskollege Alex Geissbühler. Entscheidend sei die risikobasierte Compliance, die Limitensenkung sei «ein unbedeutender Nebenschauplatz». Der Risikochef einer Privatbank bestätigt, dass ihm täglich eine Liste aller heiklen Transaktionen vorliege, die es zu prüfen gelte.

Maurers Departement begründet das Vorgehen auch mit dem zwingenden politischen Charakter internationaler Regeln. Eine supranationale Quasibehörde, die Financial Action Task Force (FATF), definiert die Regeln kaschiert als «Empfehlungen». Sie prüft auch deren Einhaltung per Länderexamen. Das letzte der Schweiz von 2016 endete im Kapitel Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden mit einem Ungenügend. Dies veranlasste Maurer und die Finma, die Limite zu senken. Maurer ist der Ansicht, dass es notwendig sei, den Schwellenwert für Kassageschäfte auf 15'000 Franken zu senken, wenn die Schweiz der engen Überwachung der FATF entgehen will. Die genannten Experten glauben, dass die Schweiz den «Hoselupf» gewinnen könnte, solange sie die risikobasierte Überwachung als effizientere Methode nachweist.

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