Die rechtskonservative, vermeintlich marktfreundliche und wirtschaftsliberale SVP liebäugelt mit zentralistischer Planwirtschaft. Nicht nur die Stahlindustrie will sie auffangen, jetzt geht es auch noch um Staatseinfluss in der Weltraumtechnik.
Der Nationalrat stimmte einer Motion des SVPlers Jean-Luc Addor zu. Titel: «Die Kontrolle über Beyond Gravity zu behalten, ist von strategischem Interesse». Im Kern soll es darum gehen, die Schweiz im Bereich Weltraumtechnologie unabhängiger zu machen. Nur dass man dafür Beyond Gravity, vormals Ruag International, stärker vom Bund abhängig machen, also in dessen Eigentum belassen will.
Dabei hätte Ruag International eigentlich zu einem Aerospace-Technologiekonzern umgebildet und vollständig privatisiert werden sollen, um «dem Arbeits- und Technologiestandort Schweiz besser Rechnung» zu tragen – so Verteidigungsministerin Viola Amherd im März 2019.
Fünf Jahre später heisst es vonseiten der Sicherheitskommission, der Verkauf des Raumfahrtunternehmens Beyond Gravity widerspreche den wirtschafts- und weltraumpolitischen Interessen der Schweiz. Der Bund sei deshalb der bessere Eigentümer. Was schon einmal nicht funktioniert hat, soll jetzt klappen: ein kompetitives, rentables, aber weisungsgebundenes Technologieunternehmen, das sich über öffentliche Anleihen finanziert.
Und offenbar soll mit derselben Viola Amherd, die Beyond Gravity aus dem Bund entlassen und an Private verkaufen wollte, nun doch ein Mitglied der Bundesverwaltung oberste Chefin des Unternehmens werden. Bei aller Unglaubwürdigkeit eine Notiz am Rande: Gut 96 Prozent aller Produkte von Beyond Gravity gehen ins Ausland. Viele Güter davon fallen unter die Kategorie «Dual Use» – das sind militärisch wie zivil nutzbare Güter, die einer besonderen Ausfuhrgenehmigung bedürfen.
Die Exporthürden sind bisweilen fast prohibitiv hoch und hindern das Unternehmen daran, sich bestmöglich zu entwickeln. Die strengen Exportgesetze zu lockern, würde Beyond Gravity mehr Geschäft ermöglichen – ohne Nationalinteressen zu gefährden und ohne dass der Staat dafür die Finger im Spiel haben müsste.
«Strategisches Interesse»: ein Seifenblasen-Argument
Die Teilnahme an gemeinsamen Forschungsprojekten mit der EU im Weltraumbereich ist deutlich schwieriger geworden, weil es nach wie vor keine Einigung bei den bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU gibt. Hier könnte eine SVP, könnte die Schweiz mehr Fokus darauf legen. Sonst gefährdet dies langfristig den Wirtschaftsstandort Schweiz – und damit auch die Weltraumindustrie, die angeblich von strategischem Interesse für die Schweiz sein soll.
Fairerweise muss man sagen, dass der Bundesrat, dem Amherd angehört, die Motion bereits im August abgelehnt hat. Sollte sie aber mit einer Mehrheit im Ständerat am 19. Dezember durchgehen, dann ist die Schweiz dem Albtraum einer Kommandowirtschaft ein gutes Stück näher.