Über 800 Milliarden Franken Vorsorgekapital sind in der 2. Säule investiert. Davon verwalten die Lebensversicherer rund 130 Milliarden. Sie verdienen mit diesem Geschäft viel Geld - trotz Finanz- und Schuldenkrise. Die Finanzmarktaufsicht hat kürzlich die aktuellsten Zahlen publiziert: 2011 waren es über eine halbe Milliarde Franken. In den vergangenen 6 Jahren rund 1,8 Milliarden Franken.
Erträge und Aufwendungen im 2.-Säule-Geschäft verbuchen die Lebensversicherer über drei Posten. Auffällig: Bei der Rendite auf die ihnen anvertrauten Kapitalien und bei den Risikoversicherungen stehen die Versicherer über die vergangenen Jahre deutlich im Plus. Anders bei der Verwaltung: Dort schreiben fast alle Versicherungs-Gesellschaften Defizite. Kumuliert beläuft sich der Fehlbetrag seit 2006 auf rund 1 Milliarde Franken.
Diese Defizite verrechnen die Unternehmen zu Lasten des so genannten Überschussfonds – einem Reservetopf, der den Versicherten gehört. Die Schattenrechnung ist nachzulesen in einem weitgehend unbeachteten Anhang einer Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen.
«Das ist empörend»
Das Geld fehlt letztlich den Angestellten von hunderttausenden KMU, die ihre Pensionskasse über einen Lebensversicherer organisieren. Angesichts stagnierender Renditen an den Börsen, einer tiefen Mindestverzinsung des Vorsorgekapitals und wenig Aussicht auf eine Besserung ist diese Milliarde eine hohe Summe.
«Das ist empörend», sagt der Pensionskassen-Experte und ehemalige SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner gegenüber dem Wirtschaftsmagazin «Eco» des Schweizer Fernsehens. Ein Grund dafür sei, dass die Lebensversicherer mit zu tiefen Prämien für die Verwaltung den Wettbewerb verzerren würden, um an Aufträge zu kommen, meint er weiter.
Auf Anfrage verweisen Swiss Life, Allianz Suisse und Bâloise an den Schweizerischen Versicherungsverband. Dieser betont, er könne im Detail nicht für die Versicherungs-Gesellschaften sprechen. Generell aber sei festzuhalten, dass den Versicherten keine Milliarde vorenthalten wurde.
Politisch blockiert
Dieses Verhalten der Versicherer ist legal. Die Kommission «Soziale Sicherheit und Gesundheit» des Nationalrats wollte diese Schattenrechnung im letzten Jahr mit einer parlamentarischen Initiative unterbinden: Die Versicherungskonzerne sollten gezwungen werden, die Prämien für die Verwaltung im Voraus festzulegen, um nicht nachträgliche Defizite über den Überschussfonds abrechnen zu können.
Die entsprechende ständerätliche Kommission hat vor Jahresfrist die Initiative grossmehrheitlich abgelehnt. Die Schattenrechnung der Versicherer geht weiter.
(rcv/vst)