Man könnte das Glas halb voll sehen: Noch nie stammte so viel des in der Schweiz verkauften Bieres aus inländischer Produktion. 79 Prozent betrug der Inlandanteil im zurückliegenden Braujahr 2022/23, das im Oktober zu Ende ging. Nur 21 Prozent wurden importiert. Lieber Feldschlösschen als Guinness, lieber ein Schweizer Spezial als ein deutsches Pils, lautet das Motto.
Um nicht weniger als 7 Prozent sanken die Bierimporte im Jahresvergleich, wie der Schweizer Brauerei-Verband (SBV) heute an seiner Medienkonferenz darlegte. Dem gegenüber steht ein deutlich kleineres Minus von 1,2 Prozent aufseiten der heimischen Produzenten. Immerhin.
Doch das Bierglas ist auch halb leer: Denn 2023 war ein schlechtes Jahr für viele Brauereien. Insgesamt wurde in der Schweiz 2,5 Prozent weniger Bier getrunken. Umgerechnet sind das fast 39 Millionen Stangen Bier. Dies, nachdem im Vorjahr noch ein sattes Plus von gut 6 Prozent resultiert hatte. Verbandsdirektor Marcel Kreber macht «Aufholeffekte» nach der Pandemie für die schlechte Entwicklung verantwortlich, die im Vorjahr für gute Umsätze gesorgt hatten. Nun fehlten diese Umsätze, und die allgemeinen Trends kämen wieder besser zum Vorschein: vor allem jener zu mehr Nüchternheit.
Der grosse Profiteur in der Branche ist das alkoholfreie Bier. Oder beim Bild zu bleiben: Da sind die Gläser voll und werden regelmässig geleert. Mittlerweile machen die Alkoholfreien gut 6 Prozent des Schweizer Biermarktes aus: Jede 16. Stange wird ohne Alkohol bestellt. Oder als populäres, alkoholfreies Mixgetränk.
Der Verband führt das Wachstum beim alkoholfreien Bier – plus 70 Prozent in fünf Jahren – einerseits auf gesellschaftliche Veränderungen und mehr Gesundheitsbewusstsein zurück, anderseits auch auf ein deutlich grösseres Angebot. Nicht wenige Brauereien bieten inzwischen mehrere alkoholfreie Sorten an, selbst kleine Brauereien investieren in die Technik für die Entalkoholisierung.
So unbeliebt es lange war: Handwerklich ist alkoholfreies Bier für viele Brauerinnen und Brauer das anspruchsvollste. Entsprechend gross sind die qualitativen Unterschiede.
Die zwei Corona-Jahre haben Spuren im Markt hinterlassen. Es scheint eine Konsolidierung stattzufinden, nachdem die Zahl der Brauereien in den letzten zwanzig Jahren förmlich explodiert war und bis Ende 2021 auf 1278 offiziell eingetragene «Braustätten» anwuchs. Ende Oktober 2023 waren es laut der Schweizer Zollverwaltung nun nur noch 1191 Brauereien. Die Zahl nimmt ab. Nicht zuletzt hinterliessen die Pandemie und gestiegenen Rohstoffpreise Spuren in den Kassen vieler Brauer. Zuletzt mehrten sich auch Meldungen von Konkursen.
Zwar handelt es sich beim grössten Teil dieser Brauereien um kleine Betriebe oder Hobbybrauerinnen und Hobbybrauer. Doch mit der Brauerei Müller in Baden gibt es auch einen prominenten, grossen Rückzieher: Im Sommer 2021 kündigte die Regionalbrauerei an, die Produktion an Falken in Schaffhausen auszulagern. In Baden verbleibt nur noch eine kleine Lokalbrauerei für Spezialitäten. Wo heute noch die Überreste des Sudhauses stehen, sollen schon bald Wohnungen gebaut werden.