KONSUM.

Die Champagnerhersteller haben Grund zum Feiern. Eine sehr zufrieden stellende Ernte 2007 und steigende Absatzzahlen stimmen die Winzer in der Champagne leicht euphorisch. Doch habe die starke Nachfrage auch Schattenseiten, verrät Ghislain de Montgolfier, Präsident der Union des Maisons de Champagne, weil nicht genügend Trauben zur Verfügung stünden. Die Begriffe «Kontingent» oder «Allokation» sind daher in vieler Munde. Deshalb ist dem Marktbericht einer Fachzeitschrift zu entnehmen, dass grosse Marken mit dem Problem zu kämpfen haben, nur eine exakt bestimmte Menge Champagner für den deutschen Markt zugeteilt zu bekommen. Christoph Richterich vom hiesigen Vin de Champagne (CIVC)-Informationsbüro hält die Situation auf dem Schweizer Markt in etwa für vergleichbar.

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Winzer pokern wie die Ölscheichs

Die aktuelle Lage in den Exportländern ist eine Folge der steigenden Nachfrage auf dem Weltmarkt und der Beschaffungsprobleme der Handelshäuser auf dem Traubenmarkt. Manche Winzer halten sich mit dem Verkauf von Trauben an die Handelshäuser zurück und spekulieren auf steigende Preise. Ghislain de Montgolfier klagt, dass sich einige Winzer «wie kleine Ölscheichs» aufführten. Zum Champagner-Höhenflug beigetragen hat beispielsweise – im Vorjahresvergleich – der gesteigerte Export nach Japan um 9,69% oder ins durstige China sogar um 73,18%. Und ausgerechnet in Spanien, dem Land der Cavas, betrug die Zunahme beachtliche 37%.

Unterschiede in den Regionen

Die vor einem Jahr vom Link Institut im Auftrag des Büros Vin de Champagne Schweiz erstellte Studie «Der Champagner und seine Herausforderungen in der Schweiz» bringt Licht in das Trinkverhalten von Herrn und Frau Schweizer, das regional wie auch zwischen den Generationen und Geschlechtern unterschiedliche Präferenzen aufweist. Der Anteil Champagner am gesamten Schweizer Schaumweinmarkt beträgt rund 30%. In der deutschen Schweiz beläuft er sich auf rund 20%, in der Romandie hingegen auf 50%. In der Schweiz wurden zwischen Januar und August 2007 insgesamt 2,522 Mio Flaschen Champagner konsumiert, weltweit waren es 169,726 Mio. Das ist ein Zuwachs im Vergleich mit denselben Monaten des Vorjahres um 19,37%. Der Ganzjahreskonsum 2006 betrug in der Schweiz im letzten Jahr 5,2 Mio Flaschen, 100000 mehr als 2005. Mit rund eineinhalb Flaschen pro Kopf und Jahr sind die Schweizer jedoch nur halb so trinkfreudig wie die Franzosen, die – wohl nicht nur aus Patriotismus – auf drei Flaschen kommen. Der Bekanntheitsgrad von Champagner ist bei den über 30-Jährigen vor allem bei den Deutschschweizern und den Romands am höchsten, im «Prosecco-Kanton» Tessin dagegen kaum ein Thema. Gut 60% der Deutschschweizer sind Champagnertrinker, knapp 36% der Romands, aber nur kitzekleine 4% Tessiner. Damit trinken die Romands mit einem Bevölkerungsanteil von 24% deutlich mehr Champagner als die Deutschschweizer mit einem Bevölkerungsanteil von 72%.

Kein Silvester ohne Champagner

Ein Fazit der Studie besagt zudem, dass 89% der befragten Personen Champagner trinken, um das neue Jahr «einzuläuten»; 76% trinken ihn zu Geburtstagsfesten. Für jüngere Generationen ist Champagner ein Getränk zu speziellen Festen/Anlässen. Da spielt mit Sicherheit der Preis eine Rolle. Seltener wird Champagner vor oder nach dem Essen getrunken. Von älteren Befragten wird Champagner allerdings vermehrt auch als Alltagsgetränk konsumiert. In der Suisse Romande knallen die Korken am häufigsten an Ostern, Weihnachten und Neujahr, in der deutschen Schweiz und im Tessin an Familienfesten. Der grösste Teil der Befragten, nämlich 82%, geniesst Champagner als Apéritif, das heisst vor dem Essen. Etwa ein Fünftel der Befragten trinkt ihn während der gesamten Mahlzeit. Personen, die den Champagner zum Essen geniessen, sind in der Regel über 50 Jahre alt und verfügen über ein Haushaltseinkommen von mehr als 9000 Fr. im Monat.

Schwergewicht liegt im Privaten

Champagner wird, wenn nicht an Festen, zu 59% vor allem im privaten Rahmen getrunken – und zwar je älter die Befragten sind, umso häufiger. 30% geniessen ihn vor allem im Restaurant. Einige Lokale sind bereits dazu übergegangen, ganze Menüabfolgen von ausgewählten Champagnern begleiten zu lassen. Umgekehrt zieht es junge Konsumenten vor allem in die Bar oder den Nachtclub. Champagner gilt noch weitgehend als Luxus-Produkt, das mehr als die Hälfte der Befragten als «sehr teuer» einstuft. Dagegen gesteht dem Champagner ein knappes Viertel ein gutes, sogar günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis zu. Den Absatzzahlen von Coop zufolge kann man daraus schliessen, dass der Grossverteiler die grösste Anzahl Flaschen unter die Leute bringt: 2006 wurde durch Coop 1 Mio Flaschen verkauft, für 2007 rechnen die Champagnereinkäufer mit einem Plus von etwa 10%. Coop punktet vor allem mit der Eigenmarke Charles Bertin. Bei der meistverkauften Champagnermarke der Schweiz liegen die Preise zwischen knapp 16 Fr. für 75 cl demi-sec sowie brut und bis zu 54 Fr. für die 150-cl-Flasche brut. Als Rarität kostet anderseits die 75- cl-Flasche Moët & Chandon Dom Perignon 1999 bei Coop stolze 169 Fr. Die Preispolitik wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die steigende globale Nachfrage steht einem knappen Angebot gegenüber, was den Traubenpreis in die Höhe treibt. Ein Auslöser für die Knappheit ist das schlechte Erntejahr 2003, das fast alle Reserven der Handelshäuser auffrass.

Als Ambassadeur du Champagne 2007 haben Sie Ende Oktober 2007 am europäischen Finale in der Champagne die Schweiz vertreten. Welche besonderen Talente braucht es, um diesen Titel zu bekommen?

Claudio de Giorgi: Eine gute Ausbildung und ständige Weiterbildung, Training und Leidenschaft. Ich liebe meine Arbeit, das merken die Kunden. Sie erwarten mit Recht, dass ich sehr gute Champagnerkenntnisse habe und über Region und Weine bestens informiert bin und auch immer wieder regelmässig in die Champagne reise.

Was wünschen Champagnerliebhaber?

De Giorgi: In erster Linie, dass man ihnen genau zuhört und sie mit Kompetenz und «Gefühl» berät. Champagner ist Emotion, zu viel technische Erklärungen würden nur stören.

Was hat sich in den letzten 20 Jahren verändert?

De Giorgi: Früher wurde Champagner zu 99% als Apero getrunken. Auch heute ist das noch der beliebteste Zeitpunkt, obwohl immer mehr Menschen spontan ein Glas geniessen. Manche wählen ihn sogar als ständigen Begleiter zu verschiedenen Menügängen. Ein neuer, deutlicher Trend ist auch die Entwicklung hin zum Champagner Rosé.

Warum?

De Giorgi: Ich glaube, dass immer mehr Frauen Champagner einkaufen; sie lieben ganz einfach den Rosé. Sie sind also massgeblich daran beteiligt, dass immer mehr Rosé-Champagner verkauft wird.

Sind nach wie vor die grossen und damit bekannten Marken Kult?

De Giorgi: Früher dominierten die grossen Häuser den Markt. Inzwischen ist die Auswahl grösser geworden; immer mehr entdeckt man Champagner von kleinen, unabhängigen Weinbergbesitzern, die ihren eigenen Champagner herstellen. Das führt zu fantastischen Erlebnissen auf önologischen Entdeckungsreisen. Neu ist auch die derzeit noch kleine Nachfrage nach Extra brut, einem frischen, trockenen Champagner nahe an der Natur, ohne von Likör überlagert zu sein. Im Moment ist dies noch ein Nischenmarkt, der sich aber entwickelt.

Der Erfolg asiatischer Speisen in Europa steigt weiter. Welchen Champagner würden Sie zu exotischen Menüs empfehlen?

De Giorgi: Champagner geht sehr gut zusammen mit asiatischer Küche, vor allem mit rohem Fisch wie Sushi und Sashimi aus Japan. Dazu passen ideal jahrgangslose Champagner, Brut bis hin zu Demi-Sec. Der Stil «Japonaise» ist trendy und fördert auch in Europa den Champagnerumsatz. Dazu empfehle ich Champagner, der dem Charakter eines Blanc de blancs entspricht.

Wie lernten Sie persönlich Champagner kennen?

De Giorgi: Ich war 21 Jahre alt und machte einen Stage im «London Hilton Hotel». An Silvester wurde mit dem ganzen Personal gefeiert und auch Champagner getrunken. Die Marke weiss ich leider nicht mehr. Hingegen hat uns die Direktion anschliessend Hotelzimmer zur Verfügung gestellt