Der Sika-Streit ist verfahren wie am ersten Tag. Derzeit hängt alles von einem Gericht ab, das erst im Sommer entscheiden dürfte. Das hält die Streitparteien nicht davon ab, öffentlich für ihre Position zu werben. Aktueller Schauplatz: Die heutige Generalversammlung.

Die Generalversammlung, die am Dienstagnachmittag in der Waldmannhalle in Baar ZG stattfindet, ist wie schon im Vorjahr zu einer Arena im Kampf um die Deutungshoheit geworden. Besonders dem Management und den unabhängigen Verwaltungsräten, die den Verkauf der Kontrollmehrheit an den französischen Bauriesen Saint-Gobain ablehnen, bietet die Generalversammlung eine willkommene Plattform.

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Die üblichen Traktanden

Auf dem Programm stehen zwar die üblichen Traktanden: Genehmigung der Jahresrechnung, Wiederwahl der Verwaltungsräte, Absegnung des Vergütungsberichts. Was bei Generalversammlungen anderer Unternehmen ohne grosses Aufsehen durchgewinkt wird, verspricht bei Sika jedoch Spannung. So wurde im vergangenen Jahr der Vergütungsbericht abgelehnt. Der Verwaltungsrat arbeitet deshalb seit Monaten gratis.

Zudem wollte die Erbenfamilie in der Vergangenheit jene Verwaltungsräte abwählen lassen, die sich gegen einen Verkauf wehren. Diese versuchen sich gegen eine Abwahl einzelner Verbündeter zu schützen, indem sie sich nur bei geschlossener Wiederwahl wieder zur Verfügung stellen. Dies kritisiert wiederum der amerikanische Stimmrechtsberater ISS: Es schränke die freie und individuelle Stimmrechtsausübung ein, argumentiert ISS.

Entscheidender Faktor

Doch obwohl die zur Debatte stehenden Fragen spannungsreich sind und die Standpunkte kontrovers, hängen die Resultat einzig von einem Faktor ab: Von der Stimmrechtsbeschränkung. Auch diesmal können die Erben von Sika-Gründer Kaspar Winkler an der Generalversammlung nicht ihr gesamtes Stimmgewicht in die Waagschale werfen.

5 statt 53 Prozent: Darauf hat der Verwaltungsrat des Bauchemieherstellers deren Stimmkraft beschränkt. Eigentlich hält die Schenker-Winkler-Holding der Gründerfamilie mit rund 16 Prozent des Aktienkapitals knapp 53 Prozent der Aktionärsstimmen - und damit eindeutig die Kontrollmehrheit.

Nicht zum ersten Mal

Schon bei den vergangenen beiden Generalversammlung war dies der Fall gewesen. Entsprechend unterlagen die Erben des Firmengründers Kaspar Winkler bei fast allen Abstimmungen ausser bei jenen zu den Vergütungen. Bei diesen Abstimmungen war die Stimmkraft der Erbenfamilie nicht beschränkt worden. Dies deshalb, weil es bei diesen Anträgen nicht direkt um die Übernahme ging.

Verwaltungsratspräsident Paul Hälg legte in einer langen Rede erneut dar, weshalb sich die unabhängigen Verwaltungsräte und das Management gegen die Übernahme der Kontrollmehrheit an Sika durch Saint-Gobain wehren.

Bereicherung der Erben

Es gebe bisher keine Garantien für die Stellen bei Sika, sagte Hälg. Er bestritt zudem, dass es bei einer Übernahme zu den von Saint-Gobain angepriesenen Synergien kommen würde. «Diese Transaktion ist nicht im Interesse der Sika», sagte Hälg. Sie bereichere lediglich die Burkard-Erben und gebe der Saint-Gobain die Kontrolle über Sika, die diese sicher zu ihrem Vorteil ausnutzen werde.

Der Verwaltungsrat habe deshalb heute nach erneuter eingehender Prüfung entschieden, die Stimmrechte der Namenaktien der Familienholding zu beschränken, sagte Hälg. Beschränkt werden die Stimmrechte der Familie bei der Wiederwahl der unabhängigen Verwaltungsräte sowie bei der von der Familienholding beantragten Neuwahl von Jacques Bischoff in den Verwaltungsrat. Auch bei der Wahl des Verwaltungsratspräsidenten und bei den Wahlen in den Nominierungs- und Vergütungsausschuss werden die Stimmrechte der Familie gekappt.

Gericht muss entscheiden

Bei der Beschränkung auf 5 Prozent beruft sich der Verwaltungsrat auf die Statuten – konkret: auf den Vinkulierungsartikel. Inwiefern es sich dabei um ein legitimes Vorgehen handelt oder um einen unzulässigen juristischen Kniff, muss vor Gericht entschieden werden. Zuständig ist derzeit das Kantonsgericht Zug. Es dürfte diesen Sommer einen Entscheid fällen. Entscheidet es zugunsten der Familie, würden sämtliche mit Stimmrechtsbeschränkung gefällten Entscheide der heutigen und der früheren Generalversammlungen hinfällig.

Damit würde die französische Saint-Gobain neuer Besitzer. Die Identität von Sika würde bewahrt. Dies versichert Konzernchef Pierre-André de Chalendar einmal mehr in am Dienstag veröffentlichen offenen Briefen an die Mitarbeiter. «Heute reichen wir Ihnen die Hand, damit wir gemeinsam zu einer neuen, grossen industriellen Reise aufbrechen können», schreibt der Firmenchef.

(sda/ccr)

An der GV haben die Bereichsleiter (Senior Manager) am Dienstag in einem spektakulären Auftritt dem amtierenden Verwaltungsrat unter VR-Präsident Paul Hälg ihre uneingeschränkte Solidarität ausgedrückt. Ein Mitschnitt aus der GV: