MEDIA-MARKT. Schülerin Daniela S. ist verlegen, ihre Mutter findet die Werbung blöd. «Das findet doch keiner lustig.» Gemeint ist die junge, hübsche Verkäuferin im neuen Werbespot, die dem verdutzten Käufer zwei unterschiedliche Digitalkameras in Brusthöhe unter die Nase hält, während die Kamera-Augen auf das freizügige Dekolleté der Verkäuferin zoomen. «Blöd, wer da nicht zugreift» lautet der entsprechende Werbespruch. Eine andere, streng frisierte und mit einer Peitsche ausgestattete Media-Markt-Verkäuferin fordert den Kunden auf: «Runter auf Knie, und runter laden!»
Verwirrung, Ablehnung oder bestenfalls Schmunzeln – Schweizer Media-Markt-Kunden tun sich schwer mit der neuen Strategie des deutschen Elektronikriesen, zu dem auch Geiz-ist-geil-Erfinder Saturn gehört (siehe Box). «Der Zeitgeist hat sich gedreht», meint Sven Jacobsen, internationaler Sprecher von Media-Markt-Saturn in Deutschland. Fünf Jahre lang wurde nicht nur die Elektronikbranche von dem Geiz-Slogan geprägt. Im letzten Herbst verabschiedete sich der Konzern von dieser Aussage.Die junge Hamburger Werbeagentur Kempertrautmann entwickelte mit dem deutschen Comedy-Star Olli Dittrich als neuem Gesicht von Media-Markt pfiffige und geistreiche Werbespots. «Eine Klasse drüber», sagt ein Zürcher Werbefachmann im Vergleich zur plumpen Schweizer Media-Markt-Werbung, die unter Niveau sei. Wer sich damit identifizieren könne, fragt sich der Schweizer Werbefachmann Reinhold Weber zu den neuen Spots. Weber hatte seinerzeit den immer noch gültigen Media-Markt-Spruch «Ich bin doch nicht blöd» erfunden.
«Äusserst unterhaltsam»
Verantwortlich für die Kampagne in der Schweiz ist die Wiener Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann, die Ende letzten Jahres den Zuschlag vor zwei Schweizer Mitbewerbern erhielt. Nach eigener Aussage soll die neue Werbung «äusserst unterhaltsam» Media-Markt-Kompetenzen wie Preis, Auswahl und Beratung spiegeln. Demgegenüber «plump und ideenlos» finden die meisten befragten Werbeleute das Ergebnis. Wie zahlreiche Kollegen findet auch Werbefrau Verena Buser (Mach) die Schweizer Discounter-Werbung zu sexistisch. Ganz anders argumentiert der Auftraggeber: Marketing und Werbung würden auf die Gegebenheiten in den jeweiligen Märkten und Ländern zugeschnitten, erklärt die Schweizer Media-Markt-Sprecherin Manuela Tröndle. «Dass der zuweilen schräge Humor unserer Werbung nicht immer Gefallen findet, ist uns bewusst. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass erfolgreiche Werbung immer polarisieren muss und zwangsläufig nicht nur auf Beifall stösst.» Ob sich die umstrittene Werbung in rückläufigen Umsätzen oder Zusatzumsätzen bemerkbar macht, wird nicht kommentiert. Für einen Rückzieher ist es eh zu spät. Die müssten das jetzt auch durchziehen, meint der Media-Markt-Kenner Reinhold Weber.
Saturn, die Schwestermarke von Media-Markt, startet Ende nächsten Jahres auch in der Schweiz. Im neuen EK-Center Stücki in Basel werde ein komplett neuer Elektonikmarkt auf 6000 m2 gebaut, bestätigt der Center-Entwickler Herbert Meier (Tivona Eta AG). «Die Mietverträge wurden soeben unterschrieben», sagt Meier. Als «Ankermieter» wurde zudem die Migros gewonnen, verrät der Tivona-Chef weiter.
Das Einzugsgebiet des neuen Einkaufstempels soll sich damit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus bis nach Frankreich und Deutschland erstrecken. «Das ist für uns extrem attraktiv.» Ebenso offenbar für die Media-Markt-Saturn-Gruppe in der Schweiz, die ebenfalls zur Metro gehört. Für Saturn wurde seit Jahren an einer Markteintrittsstrategie gearbeitet. Ursprünglich waren die ersten Märkte in der Schweiz schon für dieses Jahr angekündigt worden. In Basel selbst sind bereits zwei Media-Märkte vertreten. Die Elektronik- und IT-Fachmärkte von Saturn sind in der Regel höherpreisig und werden in Top-Lagen auch in den Innenstädten angesiedelt. Zwar hatte Saturn seinerzeit die «Geiz-ist-geil»-Welle losgetreten, doch verabschiedete sich der Filialist nach fünf Jahren im vergangenen Herbst davon und stellt in Deutschland bereits Beratung und Service verstärkt über den Preis in den Vordergrund. «Die Positionierung und der Werbeauftritt von Saturn in der Schweiz wurden noch nicht festgelegt», erklärt Media-Saturn-Sprecherin Manuela Tröndle. Dem Vernehmen nach wird der erste Saturn-Megamarkt in Basel aber eine Alleinstellung im Dreiländereck geniessen. In unmittelbarer Umgebung, ob auf deutscher oder französischer Seite, sollen angeblich keine weiteren Saturn-Ableger entstehen, erfuhr die «Handelszeitung». Media-Markt und Saturn sind bislang in acht Ländern vertreten, der Gesamtumsatz lag im Geschäftsjahr 2006 (Kalenderjahr) bei 15,2 Mrd Euro. Das Wachstum der Mutter Metro um 10% auf 65,9 Mrd Euro wurde 2007 hauptsächlich in Osteuropa generiert. Media-Markt und Saturn wuchsen im 3. Quartal 2007 flächenbereinigt (ohne Neueröffnungen) um 2,4% auf 3,9 Mrd Euro. Im 4. Quartal 2007 legte die Elektronikkette mit 10,9% nur noch durch die Eröffnung neuer Fachmärkte zu.