Die US-Notenbank Federal Reserve entscheidet über ihre Geldpolitik - und alle Augen sind nach Washington gerichtet. Die Weichenstellung in der grössten Volkswirtschaft und für die wichtigste Währung der Welt wirkt weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus. Wichtige Fragen zur Zinsentscheidung:
In Europa hat die Europäische Zentralbank die Zinsen gerade gesenkt, die Fed denkt über eine weitere Anhebung nach - warum?
Die Federal Reserve hat zwar auch die Weltwirtschaft im Auge, muss sich bei ihren Entscheidungen aber zunächst einmal am wirtschaftlichen Geschehen in den USA orientieren. Die Lage am Arbeitsmarkt und die Inflation sind bestimmende Indikatoren. Die USA haben sich schneller als andere aus der Finanzkrise gearbeitet, die Arbeitslosenquote liegt bei fast idealen 4,9 Prozent - auch wenn dort viele Teilzeit- und Niedriglohnjobs versteckt sind. Die niedrige Inflation war lange Zeit das Haupthindernis für eine Zinsanhebung - jetzt gibt es vorsichtige Zeichen für ein Anziehen, wie Fed-Vize Fischer kürzlich kundtat.
Warum glauben dann die meisten Ökonomen, dass die Fed derzeit noch nicht an der Zinsschraube dreht?
Die Fed muss vorsichtig sein. In der globalisierten Wirtschaft hängt alles mit allem zusammen, eine reine Binnensicht ist auch in den USA nicht möglich. Eine Zinsanhebung verteuert potenziell etwa die Exporte, Kunden amerikanischer Produkte in konjunkturell schwachen Ländern könnten auf Käufe verzichten. Im schwächelnden China könnten die USA wichtige Marktanteile verlieren, wenn sie jetzt zu schnell handeln.
Wer drückt beim Thema Zinsanhebung aufs Tempo, wer auf die Bremse?
Die Banken hätten gerne höhere Leitzinsen, weil sie dann mittelfristig mehr Geld für Kredite und andere Leistungen verlangen könnten. Sie orientieren sich mit ihren Geschäftszinsen an den Vorgaben der Fed. Notenbanker wie Fed-Gouverneurin Lael Brainard sind vorsichtiger. Brainard sprach zuletzt von «weltweiten Strudeln», die die USA erfassen könnten. «Es gibt weltweit wenig Zeichen für eine robuste Nachfrage», sagte sie. Auch der Internationale Währungsfonds IWF, der sich vor allem um notleidende Volkswirtschaften kümmert, hält nach wie vor Vorsicht für geboten.
Gibt es ein Zeitproblem?
Ja. Die Fed muss das richtige Timing erwischen. Wartet sie zu lange mit einer Zinsanhebung, könnte die Inflation plötzlich galoppieren. Dies müsste massgeblich der kleine Mann tragen, ausserdem würden die Risiken für unerwünschte Entwicklungen wie erneute Immobilienblasen steigen. Agiert die Fed zu hastig, würgt sie die Wirtschaft ab.
Welche Auswirkungen hätte eine Zinsanhebung auf die Schweiz und Europa?
Unmittelbar wäre diese zunächst einmal gering. Die Zinsen in der Schweiz sind nach wie vor rekordtief. Am Donnerstag steht die nächste geldpolitische Lagebeurteilung an. Experten erwarten keine zusätzliche Lockerung. Die Europäische Zentralbank hat demgegenüber ihre Geldpolitik gerade noch einmal gelockert. Nach Einschätzung von Ökonomen wird eine Zinswende in Europa mit einer Verspätung gegenüber den USA von mindestens zweieinhalb bis drei Jahren eintreten. Eine Zinsanhebung in den USA könnte jedoch den Dollar gegenüber Franken und Euro weiter stärken - was gut für Schweizer und europäische Exporteure wäre. Die Waren würden für Käufer, die in Dollar bezahlen, billiger. Ferien in den USA würden hingegen noch teurer.
(sda/ccr)