Nun stimmen endlich Wetter und Temperatur. Das Bier ist kaltgestellt und der Grill parat. Die Schweiz wird sich dieses Wochenende den Wetterfrust über den nasskalten Frühling von der Seele grillen. 52 Kilo Fleisch verzehren die Einwohner zwischen Genf und Rorschach jedes Jahr - einen grossen Teil davon im Sommer.
Wer Holzkohle kauft, der sollte aber genau hinschauen. Wer nicht aufpasst, grillt seine Bratwürste, sein Steak oder seine Pouletbrust mit Kohle aus Paraguay oder Südafrika. Der Grossteil der Holzkohle wird nämlich importiert. Beim Schweizer Marktführer, der Landi, kommt das Produkt aus der Ukraine, aus Südafrika und Paraguay. «Mit rund 3000 Tonnen Absatz pro Jahr sind wir ein massgeblicher Verkäufer», sagt Urs Moll von der Landi zu handelszeitung.ch.
Holzkohle aus Entwicklungsland
Rund 1300 Tonnen der bei der Landi verkauften Holzkohle stammen aus Lateinamerika. Sie werden hergestellt aus Hölzern, deren Namen auch der geübte Kenner erst einmal im Handbuch nachschlagen muss. Der Rest stammt laut Landi aus Europa – nebst der Ukraine beispielsweise auch Polen.
«Wir können uns nicht nur auf eine Region verlassen», so Landi-Mann Moll. Mit einem Augenzwinkern fügt er an: «Wenn das Wetter stimmt und jemand grillen will, dann ist es ihm Wurst, woher die Kohle kommt.» Die Holzkohle aus Paraguay wird bei Landi als «Profiholzkohle» angeboten.
Import ist meistens zollfrei
Hinter dem Importboom steht nicht nur der tiefere Einstandspreis. Die Einfuhr ist aus den meisten Ländern auch zollfrei. Gemäss Schweizer Zolltarif kosten 100 Kilo Holzkohle 31 Rappen Abgaben. Doch es gibt viele Ausnahmen. Länder wie Paraguay (Entwicklungsstatus), Südafrika (Südafrikanische Zollunion Sacu) und die Ukraine (Europa) sind zollbefreit. Somit fallen gar keine keine Abgaben auf die importierte Ware an.
Insgesamt wurden 2012 rund 9000 Tonnen Holzkohle in einem Wert von 6,6 Millionen Franken in die Schweiz importiert. Davon entfallen 22 Prozent auf die Ukraine, 7 Prozent auf Südafrika und 2 Prozent auf Paraguay, wie die Eidgenössische Zollverwaltung erklärt. Der grosse Rest entfällt auf EU-Länder wie Polen.
Importe skeptisch beobachtet
Bei Holzenergie Schweiz reagieren die Verantwortlichen kopfschüttelnd. «Wir haben keine Freude am Import von Holzkohle vom anderen Ende der Welt», sagt Geschäftsführer Christoph Aeschbacher. «Seit die Deklaration von Holz Pflicht ist, kann der Konsument immerhin sehen, was er kauft.». Die Schweizer Wälder, so ist sich Holzenergie Schweiz sicher, würden genug Holz für mehr Schweizer Holzkohle hergeben. Derzeit wird sie fast nur noch zu Museumszwecken hergestellt.
Auch der Schweizer Konsumentenschutz sieht im massiven Import von Holzkohle «einmal mehr ein Beispiel dafür, dass die Transportkosten viel zu billig sind», sagt Geschäftsleiterin Sara Stalder. Besonders hinter die Einkaufspolitik der Landi setzt sie ein Fragezeichen: «Der Kunde verknüpft Landi sehr stark mit der Schweiz. Dies wird vom Unternehmen unerschütterlich ausgenützt, um Produkte aus dem Ausland zu verkaufen.» Dabei gäbe es zumindest in Europa sauberere Alternativen.
Grossverteiler und Holzkohle
Das zeigt der Grossverteiler Coop: Er verkauft 2000 Tonnen Holzkohle pro Jahr. Diese Menge stammt zu 100 Prozent aus kontrollierten FSC-Wäldern in Polen und der Ukraine. Die Distanz zwischen Holzschlag und Verarbeitung darf maximal 80 Kilometer betragen, schreibt Coop auf Anfrage.
Die Mirgos setzt rund 2000 Tonnen Holzkohle jährlich ab. Die grossen Mengen sind dabei laut Angaben der Migros aus FSC-Holz-Beständen in der Ukraine und Polen. Die Brickets stammen aus Deutschland und der Schweiz.