Die in den letzten Jahren massiv gestiegenen Rohstoffpreise haben auch vor dem dänischen Biergiganten Carlsberg nicht Halt gemacht. Die grosse Nachfrage vor allem bei der Braugerste, beim Hopfen und bei Packmaterialien führte weltweit zu Lieferengpässen und damit zu Preissteigerungen. «Vor einem Jahr haben wir gewissermassen noch von der Hand in den Mund gelebt», sagt Werner K. Budek, Vizepräsident Beschaffung Western Europe der Carlsberg Brauereien. Dies vor allem beim Hopfen, so Budek, «wo wir ein eigentliches Zuteilungsmanagement auf die einzelnen Brauerein zu betreiben hatten, um Engpässe zu verhindern».

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Die rasante Entwicklung mit der Folge einer Angebotsverknappung hat dazu geführt, dass das Thema Beschaffung in der Konzernleitung am Hauptsitz in Kopenhagen enorm an Bedeutung gewonnen hat - und damit auch die Funktion des weltweiten Chefeinkäufers, der in der erweiterten Konzernleitung sitzt. Dieser verantwortet ein weltweites Einkaufsvolumen von einigen Mrd Euro.

Carlsberg ist weltweit die Nr. 4 unter den Brauereigruppen. Über 40000 Mitarbeitende in mehr als 50 Ländern und 95 Werken sorgen für die Produktion von Bier, Mineralwässern und Softdrinks sowie den Verkauf in 150 Märkten. In der Schweiz gehört Feldschlösschen seit 2000 zum dänischen Braukonzern. Die Feldschlösschen Getränke AG umfasst vier Produktionsstätten und 16 Getränkeverteilzentren. In drei Brauereien und einem Mineralwasser-Abfüllbetrieb werden 14 eigene Marken und insgesamt 50 verschiedene Getränke hergestellt. Das Sortimentsangebot von eigenen Bieren und Mineralwässern wird ergänzt durch Hauptmarken von Drittproduzenten.

Vier Regionen …

Die Vernetzung ist konzernweit sehr eng. Das bezieht sich auch auf die Beschaffung. Um die länderspezifischen Begebenheiten und rohstoffspezifischen Eigenheiten optimal handhaben zu können, agiert Carlsberg in einer Matrixorganisation mit Länderregionen und Warengruppenkategorien, die die Linien- und Fachfunktionen abdecken. Die Regionen agieren jedoch nicht autark, sondern sind untereinander vernetzt und zentral aus Kopenhagen gesteuert. Dies ermöglicht, Aktivitäten in der Lieferkette - eigentliche Support-funktionen - gemeinsam zu nutzen.

Carlsberg ist weltweit in vier Regionen aufgegliedert. Dies spiegelt sich auch im Einkauf wider. Die regionale Gliederung besteht seit etwa eineinhalb Jahren. Es sind dies Nordeuropa, Westeuropa, Osteuropa (mit Russland und den umliegenden Ländern) sowie Asien. Die Region Westeuropa beispielsweise besteht aus den elf Ländern Frankreich, Deutschland, Portugal, Italien, Griechenland, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Polen, England und der Schweiz. Die Länderregionen werden von einem Commercial-Director im Rang eines Senior Vice President geleitet. Den regionalen Teams sind Fachfunktionen beratend zugeordnet, beispielsweise aus den Bereichen Einkauf, Business Development, Marketing, Verkauf, Logistik und Produktion.

Für die Produktion und das Absatzmarketing sind aber nach wie vor die CEO der einzelnen Ländergesellschaften verantwortlich. Diese starke Regionalisierung ist entscheidend für den Erfolg.

… und fünf Kategorien

Im weltweiten Einkauf sind fünf Hauptwarengruppen definiert. Diese Categories werden von jeweils einem Category-Direktor geleitet. Die Hauptwarengruppen wiederum sind in einzelne Warengruppen unterteilt. In diesen Warengruppen agieren die sogenannten Global Lead Buyer, Einkaufsspezialisten, die für ihren Teilbereich für die gesamte Gruppe einkaufen und welche ihre betreffenden Märkte entsprechend sehr gut kennen. Beim Rohmaterial sind das beispielsweise Spezialisten für Braugerste, Malz und Hopfen; beim Verpackungsmaterial für Dosen, Flaschen, Etiketten.

Es ist ein Global Sourcing, das in fünf Kategorien gegliedert ist:

1. Rohmaterial,

2. Packmaterial,

3. Dienstleistungen/Operations (IT, Fahrzeuge, Telekommunikation etc.),

4. Capex (Maschinen),

5. Marketing & Sales (Media, Werbung, Ausschankgeräte, Einkauf von Dritten, z.B. Coca-Cola).

Strategische Kooperationen

«Insbesondere bei der Planung und dem Ausbau von Braustätten werden die Möglichkeiten in der Zulieferkette analysiert», betont Vice President Werner Budek, der sein Büro bei Feldschlösschen in Rheinfelden hat. Wenn beispielsweise in Russland eine neue Brauerei gebaut werden soll, wird vorab das Lieferantenumfeld angeschaut und mögliche Produzenten, etwa von Verpackungsmaterialien, eingebunden, die bereit sind, in der Nähe ebenfalls eine Fabrik hochzuziehen. Oder es wird versucht, in der Nähe einer bereits bestehenden Fabrik zu bauen. Budek: «Damit werden Synergien gewonnen, gleich wie es die Autoindustrie mit ihren Zulieferern macht.»

Eine solche Kooperation muss nicht gezwungenermassen mit etablierten Zulieferern abgeschlossen werden. Bei drohender Angebotsmacht durch Konzentration der Lieferanten ist Carlsberg durchaus bereit, ein Gegengewicht aufzubauen. Etwa beim Dosen- oder Glasbehältermarkt. So ist mit der Firma Canpack ein neuer Anbieter von Packmaterialien aus Polen aufgetaucht, der von Carlsberg unterstützt wird, indem er als zusätzlicher Lieferant berücksichtigt wird. Budek: «Wir unterstützen neue Anbieter, um die Abhängigkeit von einem oder wenigen Lieferanten zu reduzieren und um eine grösstmögliche Liefersicherheit zu erzielen. Deshalb schliessen wir auch schon mal 10-JahresVerträge ab.»

Einfach ist es deswegen aber nicht. Der Bau einer neuen Fabrik dauert in aller Regel bis zu drei Jahren und erfordert enormes Investitionskapital. Damit verbunden sind auch künftige Risiken, die sich bei der Planung nur schwer quantifizieren lassen, wie etwa die künftigen Preise von Roh- und Halbfabrikaten. Die Volatilität der Märkte kann solche Investitionen rasch gefährden.

Abhängigkeiten reduzieren

Für Materialien wie Flaschen, Kronenkorken oder Etiketten werden deshalb immer zwei bis drei Lieferanten ausgewählt, mit denen sogenannte europäische Kontrakte abgeschlossen werden, also Verträge für mehrere europäische Länder. Die Lieferanten werden selbstverständlich auditiert, sie müssen auch zertifiziert sein und mehrere Standorte haben, um der grossen Nachfrage jederzeit nachzukommen. «Wir wollen gute, zuverlässige Zulieferer zu wettbewerbsfähigen Konditionen», skizziert Werner Budek die Leitlinien.

Durch die starke Konzentration im Weltmarkt steht die Brauerei pro Teilmarkt mit zwei bis drei Anbietern in Kontakt. Gewünscht werden aber mehr, um Abhängigkeiten zu reduzieren und Lieferengpässe zu vermeiden. Dies nicht zuletzt wegen der Absatzmittler. Detailhändler akzeptieren weder Out-of-Stock noch Lieferengpässe und drohen rasch mit Konventionalstrafen. Kommt hinzu, dass hohe Lagerbestände möglichst vermieden werden, um nicht unnötig Kapital zu binden. Just-in-time gilt damit auch in dieser Industrie.