Freimaurer» stand kürzlich fett über einem Inserat im «Züritipp», dazu die Internetadresse www.loge-hp.ch. Das irritiert, denn die Freimaurer werben normalerweise nicht um Mitglieder. Zumindest die regulären nicht, aber die Loge Heinrich Pestalozzi, die da öffentlich auf sich aufmerksam machte, ist keine reguläre. Die von der Englischen Grossloge und der Schweizer Grossloge Alpina anerkannten Logen betreiben keine Propaganda. In der Schweiz sind dies 79. Die Loge Heinrich Pestalozzi gehört nicht zum Dachverband Alpina, sondern zum Grand Orient de Suisse (GOS), einem Bund von 20 Logen der Schweiz, die als liberaler gelten als diejenigen der Alpina. Frauen dürfen zwar nicht Mitglied werden, aber an den Tempelarbeiten teilnehmen. Der GOS anerkennt im Gegensatz zu den regulären Logen die weibliche und die gemischte Freimaurerei.

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Der Fall zeigt: Es gibt nicht nur eine Freimaurerei, sondern zahllose Bruderschaften und Orden, die sich an die Freimaurerei anlehnen und auch mit fast identischen Texten und Ritualen auftreten. Wie die Freimaurerbewegung sind viele Vereinigungen im 18. Jahrhundert entstanden – zur Zeit der Aufklärung, als sich der Mensch als rationales Wesen zu sehen begann, das für sein Leben Verantwortung tragen muss. Entsprechend ähnliche Ziele verfolgen alle Bünde. Bewegungen wie die Anthroposophen, die Mormonen, die Theosophen, die Rosenkreuzer oder die Odd Fellows sind alle von der Freimaurerei inspiriert.

Der Orden der Odd Fellows («merkwürdige Burschen») wurde Ende des 18. Jahrhunderts in Liverpool gegründet, vermutlich als Wohltätigkeitsorganisation zur Unterstützung von Arbeitern und Handwerkern. Die knapp 2000 Odd Fellows in der Schweiz sind in 30 Logen eingeteilt; in Zürich heissen sie Helvetia-Loge, Gottfried-Keller-Loge und Lavater-Loge. Sie streben nach eigenem Bekunden das friedliche Zusammenleben aller Menschen an, ihr Motto lautet «Liebe, Wahrheit, Freundschaft». Ihre Ziele sind ähnlich wie die der Freimaurer, aber die Rituale schlichter. Sie kennen eine Vielzahl geheimer Passwörter und Erkennungszeichen. Die Odd Fellows sind Frauen gegenüber recht aufgeschlossen. Vor allem Ehefrauen der Mitglieder schlossen sich in Schwestervereinigungen zusammen, aus denen sich die heute selbstständigen Rebekka-Logen entwickelten. Vor 29 Jahren wurde in Bern die erste Rebekka-Loge der Schweiz gegründet, heute sind es sechs. Die Frauen arbeiten mit eigenen Satzungen und Ritualen, eigenen Zeichen und Symbolen.

Frauen ist die Aufnahme in die regulären Freimaurerlogen bis heute verwehrt geblieben. Der Brite James Anderson sah keine Maurerinnen vor, als er im Jahr 1723 in den «Alten Pflichten» eine Sammlung von Gesetzen und Regeln über die Freimaurer vorlegte. Die Schrift hat noch heute ihre Gültigkeit. Die Freimaurer sehen keine Notwendigkeit dafür, sie zu ändern – es scheint ihnen wohl zu sein, wenn sie unter sich sind.

Dennoch gibt es Freimaurerinnen. Im Jahr 1964 wurde in Genf die erste Frauenloge gegründet, heute sind es 14 mit rund 400 Mitgliedern. Sie tragen so klingende Namen wie Die Plejaden in Bern, Isis in Zürich oder Kette der Hoffnung in Basel. Die weiblichen Freimaurer arbeiten ähnlich oder gleich rituell wie die Männer, treffen sich wie diese im Tempel, um durch Zeremonien «geistige Vertiefung, Nächstenliebe und Toleranz» anzustreben.

Die Frauenlogen werden von der Grossloge Alpina und der Englischen Grossloge genauso wenig anerkannt wie die gemischten Logen. In den gemischten Logen des Droit Humain, dem 15 Logen angehören, oder der Grande Loge Mixte de Suisse mit 9 Logen treffen sich über tausend Schweizerinnen und Schweizer zur rituellen Arbeit an sich selbst.