Swatch und Richemont sind die eigentlichen Machtpole der ganzen Schweizer Uhrenindustrie. Beide Firmen sind seltsame Gebilde. Börsenkotierte Riesen, die von einer Familie dominiert werden. Patronal geführte Konzerne, die fast nur dezentral über ihre Marken im Geschäft sind.

Doch damit sind die Gemeinsamkeiten erschöpft. Richemont und Swatch, das sind zwei Welten. Swatch ist der Volkswagen-Konzern der Uhrenindustrie, in allen Marktsegmenten präsent. Richemont ist eine Private-Equity-Gesellschaft, die unter ihrem Dach Luxusfahrzeuge wie Bentley und Maserati vereint. Swatch ist ein Piratenschiff, Richemont ein Country-Club.

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Der Hersteller und der Verkäufer

«Die Swatch Group überlegt sich, wie man ein Produkt herstellt; Richemont, wie man es verkauft», sagt ein Luxusgüterexperte. Im Kern ist die Bieler Swatch ein Industrieunternehmen. Über ihre Fabriken beliefert sie einen Grossteil der andern Uhrenhersteller mit Werken, Batterien, Regulierorganen, Kronen, Zeigern und Ölen. Insgesamt hat Swatch rund 160 Fabriken, wo sie für die Grossen der Elektronik- oder Automobilindustrie auch integrierte Schaltkreise und Sensoren herstellt. «Die Gruppe fühlt sich betraut mit der Aufgabe, die Schweizer Uhrenindustrie am Leben zu erhalten», erklärt Pierre-Yves Donzé, ausserordentlicher Professor an der Universität Osaka.

Nicolas Hayek nahm oft Bezug auf die Erhaltung und den Ausbau eines Produktionsmittels. «Er sprach von Manufacturing. Das war für ihn das Wichtigste», erinnert sich ein enger Mitarbeiter. Auch Nick Hayek ist im Herzen Industrieller. Wenn er erzählt, welche technischen Meisterleistungen seine unzähligen Tochterfirmen am Entwickeln sind, ist er voll in seinem Element.

Jobs kürzen oder erhalten

Richemont – mit vollem Namen Compagnie Financière Richemont – hingegen wird eher als Handels- und Finanzgruppe wahrgenommen. Pierre-Yves Donzé sagt: «Konzernchef Richard Lepeu, wie seine Vorgänger und seine Nachfolger, ist in seiner Zielsetzung mehr profitorientiert. Das Bedürfnis, sich im Leben der Schweiz einzubringen, ist weniger sichtbar, weshalb ihn die Schweizer im Vergleich zu Nick Hayek auch kaum kennen.»

Das wird sich auch kaum mehr ändern. Ende März tritt Lepeu ab. Aber auch Patron Rupert mischt sich nur in seiner Heimat Südafrika in die Politik ein. Er ist dort einer der wenigen weissen Wirtschaftsführer, die es wagen, die beinahe unantastbare Regierungspartei ANC für ihre Klientelpolitik zu kritisieren.

Richemont hat in den letzten zwei Jahren – als Reaktion auf die Absatzkrise in der Uhrenindustrie – rund 500 von 8000 Stellen in der Schweiz abgebaut, unter anderem beim Flaggschiff Cartier.

Hayek dagegen weigert sich, seine Kapazitäten der Nachfrage anzupassen. Damit stiess er bei Finanzanalysten, mit denen er ohnehin auf Kriegsfuss steht, auf wenig Gegenliebe. «Ich verstehe den Standpunkt von Nick Hayek, doch alles hat seine Grenzen, dann muss man handeln», sagt Luxusgüter-Analyst René Weber von der Bank Vontobel. Hayek freilich sieht das anders. «Ich habe immer akzeptiert, kurzfristig weniger zu verdienen – zum Erhalt von Stellen.»

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