Das Personalkarussell in den Chefetagen der Schweizer Unternehmen hat sich auch 2020 munter weiter gedreht. Im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit stand einmal mehr die Führungsetage der Grossbanken UBS und CS: Beide haben den Posten des Konzernchefs neu besetzt, die Credit Suisse hat zudem die Nachfolge für das Verwaltungsratspräsidium geregelt.
Für die grössten Schlagzeilen sorgte dabei sicherlich der Abgang von Credit Suisse-CEO Tidjane Thiam im Februar. Der Manager nahm im Februar den Hut nach einem monatelangen Mediensturm um die Beschattung des früheren CS-Spitzenbankers Iqbal Khan im Auftrag der Grossbank. Mit der Neubesetzung des CEO-Posten mit dem vorherigen CS Schweiz-Chef Thomas Gottstein geriet die Bank wieder in ruhigere Gewässer.
Dass der unschöne Abgang bei Thiam wohl auch seelische Verletzungen hinterliess, zeigten Äusserungen des gebürtigen Ivoirers noch Monate später in der «New York Times». In der US-Zeitung klagte er über eine mangelnde Akzeptanz und als rassistisch empfundene Vorkommnisse der Zürcher «Bankenelite», aber auch im alltäglichen Leben in der Schweiz.
Neue Banker aus Europa
Neu besetzt hat die CS auch das Amt des Verwaltungsratspräsidenten, das Urs Rohner wegen der Amtszeitbeschränkung im Frühling 2021 abgeben wird. Kaum jemand rechnete allerdings mit dem hierzulande wenig bekannten Portugiesen António Horta-Osório, derzeit Chef der britischen Lloyds Banking Group, als seinem Nachfolger.
Auf einen internationalen Banker setzte auch die UBS, als sie den CEO-Posten mit dem Niederländer Ralph Hamers besetzte. Den neuen UBS-Chef holte allerdings unlängst seine Vergangenheit als Chef der Finanzgruppe ING ein: Die niederländische Justiz rollt einen bereits als beigelegt geglaubten Geldwäsche-Fall bei der ING neu auf und will dabei auch die Rolle von Hamers untersuchen.
Offen bleibt noch, wie es im Präsidium der UBS weitergehen wird, wo die Amtszeit von Axel Weber 2022 abläuft. Zuletzt wurde allerdings gar gemunkelt, der machtbewusste Deutsche wolle seine Amtszeit bei der UBS am liebsten noch verlängern. Nicht mehr zur Verfügung für diesen Posten steht offenbar der abgetretene UBS-CEO Sergio Ermotti: Er soll 2021 Walter Kielholz als Präsident des Rückversicherers Swiss Re ablösen.
Zahlreiche weitere Wechsel
Auch ausserhalb der Grossbanken-Welt haben die Corona-Lockdowns und die wirtschaftlichen Unsicherheiten die Führungskräfte offenbar kaum davon abgehalten, sich nach einer neuen Stelle umzusehen. Gemäss einer Zusammenstellung von AWP werden zum Jahresende immerhin gut 12 Prozent der 300 bedeutendsten Schweizer Firmen von einem anderen CEO geführt als noch vor Jahresfrist.
So hat auch der «Headhunter» Guido Schilling von Schillingpartners kaum Veränderung bei den Fluktuationen im Top Management zu den Vorjahren festgestellt. Hätten in früheren Wirtschaftskrisen viele Führungskräfte oft lieber auf dem vertrauten Posten verharrt, so sei die Pandemiesituation offenbar nicht in diesem Mass als wirtschaftlicher Einbruch empfunden worden, sagte der Partner des «Executive Search»-Unternehmens im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Auch die erschwerte Mobilität habe kaum ein Hindernis bei der Besetzung neuer Führungspositionen dargestellt.
Neubesetzungen mit Ansage
Bei weiteren Schweizer Grossunternehmen kam es 2020 vor allem zu Neubesetzungen «mit Ansage»: Die Übernahme des Chefpostens beim Industriekonzern ABB durch Björn Rosengren war etwa bereits im Vorjahr angekündigt worden. Der Chemiezulieferer Lonza fand mit Pierre-Alain Ruffieux einen neuen CEO, nachdem die Funktion interimistisch von VR-Präsident Albert Baehny übernommen worden war.
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Auch Clariant konnte kurz vor Jahresende den offenen Chefposten noch mit dem Niederländer Conrad Keijzer besetzen. Die operative Führung des Baselbieter Chemiekonzerns war fast anderthalb Jahre lang vom VR-Präsidenten Hariolf Kottmann wahrgenommen worden.
Einen abrupten Abgang gab es beim Zugbauer Stadler Rail, wo CEO Thomas Ahlburg das Unternehmen offenbar wegen strategischer Differenzen Knall auf Fall verliess. VR-Präsident und Grossaktionär Peter Spuhler nahm die Führung «seines» Unternehmens in der Folge wieder selbst in die Hand.
Unerwartet war auch der Abgang von Swiss-Chef Thomas Klühr mitten in der Pandemie-bedingten Krise der Luftfahrtindustrie. Neuer Chef der Lufthansa-Tochter soll nun der im Kanton Zürich wohnhafte belgisch-schweizerische Doppelbürger Dieter Vranckx werden. In der krisengeschüttelten Reisebranche kommt es auch bei dem zur Migros gehörenden Reiseanbieter Hotelplan zum Chefwechsel: Laura Meyer übernimmt den Posten des abtretenden Thomas Stirnimann.
(awp/mlo)