Ab Mitte September können Apple-Nutzer ein neues Software-Update für ihre Geräte herunterladen. iOS 13 ist vollgepackt mit frischen Funktionen und erfüllt viele Fan-Wünsche. Noch mehr als iPhone-Nutzer dürften sich aber Käufer eines anderen Gerätes freuen.
Eigentlich passiert immer dasselbe, wenn Craig Federighi die Bühne betritt. Menschen jubeln, Federighi sagt Sachen wie «Das wird ein riesiger Fortschritt» und «Es gibt so viele neue Möglichkeiten» – und dann wird eine neue Version des Apple-Betriebssystems «iOS» für die Smartphones des Konzerns enthüllt.
Die Pläne nehmen Gestalt an
So war es auch im Juni dieses Jahres als der Apple-Vizechef für Software-Entwicklung über eine halbe Stunde zu den neuen Funktionen von iOS 13, dem neuesten Software-Update, referierte. Nun sind die Pläne des Tech-Giganten aus Cupertino konkreter geworden.
Die neue Version erscheint in Deutschland und der Schweiz am 19. September – voraussichtlich einen Tag vor dem Verkaufsstart des neuen iPhone 11 – zum kostenfreien Download. Dabei wird es sich um ein «Over the Air»-Update handeln, das Nutzer in ihren Telefoneinstellungen installieren können – ohne dafür einen Computer benutzen zu müssen. Und mit einem Versprechen behält Federighi Recht: iOS 13 ist tatsächlich vollgestopft mit neuen Funktionen. «Welt» stellt die wichtigsten Veränderungen vor.
Dark Mode
Endlich, dürften viele Fans sagen, wagt sich Apple auf die «dunkle Seite» vor: mit dem neuen Dunkelmodus. Dieser bringt einen komplett neuen Look auf das Smartphone und färbt Einstellungen und Programme systemweit schwarz ein.
Das soll jedes Element auf dem Display angenehmer für die Augen machen; für viele iPhone-Besitzer geht es dabei aber auch um den edlen Effekt, den die schwarze Benutzeroberfläche ausstrahlt. Aktivieren lässt sich der Modus über das «Kontrollzentrum» oder per Zeitschaltuhr, damit das Display etwa pünktlich um 22:30 Uhr angenehmer zu betrachten wird.
Positive Auswirkungen dürfte dies ebenfalls auf die Akku-Laufzeit haben. OLED-Displays bestehen aus Dioden, die selbst leuchten und benötigen deshalb keine Hintergrundbeleuchtung. Um schwarze Bereiche darzustellen, schalten die Display die entsprechenden Pixel deshalb einfach ab. Das erzeugt nicht nur «echtes» Schwarz, sondern spart auch Energie.
Datenschutz
Traditionell legt der US-Konzern grossen Wert auf den Schutz seiner Nutzerdaten. Deshalb sollen Anwender nun noch mehr Kontrolle über ihre Daten bekommen. So kann Apps etwa der einmalige Zugriff auf den eigenen Standort erteilt werden. Das soll noch umfassender vor Tracking ohne Nutzerzustimmung schützen.
Zudem will Apple sich bei der Anmeldung auf Webseiten zu einer Konkurrenz für Facebook, Google und Amazon entwickeln – mit der «Mit Apple anmelden»-Funktion. Mit dieser sogenannten «Single-Sign-On»-Lösung sollen Nutzer keine Daten mehr eingeben müssen, Apps dürfen nur noch nach Name und Mail-Adresse fragen. Auf Wunsch generiert Apple sogar einmalige Mail-Adresse, die an das echte Postfach des Nutzers weitergeleitet werden.
Neue Funktionen für Fotos
Das iPhone ist zweifelsohne die populärste Handykamera der Welt. Deshalb forciert Apple seit Jahren die Foto-Funktionen seiner Geräte. Mit dem neuen Software-Update können Nutzer zukünftig etwa die Lichtintensität für Portraits künftig selbst einstellen oder ihnen einen monochromen Look verleihen.
In der Fotos-App stellt Apple nun ausgewählte Highlights von bestimmten Tagen zusammen – diese Funktion kennen Android-Nutzer bereits aus der «Google Fotos»-App. Zudem verspricht der Konzern mehr Bearbeitungsmöglichkeiten für Bild- und Videodateien; besonders Filme können nun wie bereits Fotos gedreht, zugeschnitten und automatisch verschönert werden.
Besonders stolz ist der US-Konzern auf «Deep Fusion», ein neues Fotosystem, das im Laufe des Jahres per Software-Update verteilt werden soll. Maschinelles Lernen soll dabei für besonders hochwertige Fotos sorgen. So werden neun Bilder mit unterschiedlichen Belichtungszeiten Pixel pro Pixel zu einem optimalen Ergebnis zusammengefügt.
System-Apps
Viele kleine Verbesserungen hat Apple auch an den sogenannten System-Apps vorgenommen, also Programmen, die der Konzern auf Geräten vorinstalliert und selbst entwickelt. Die GoogleMaps-Konkurrenz «Karten» bekommt ebenfalls einen neuen Anstrich – mit vielen Funktionen zunächst allerdings nur in den USA. In einem «3D-Erlebnis» sollen sich dort ausgewählte Städte erkunden lassen. Generell soll die App nun mehr Details offenbaren, etwa Strassen, Strände oder Parks.
Die neue Version des Programms wird zunächst aber nur in ausgewählten US-Städten und Bundesstaaten und erst 2020 in weiteren Ländern erhältlich sein. Für alle anderen Nutzer fallen die Neuerungen kleiner aus – sie können häufig besuchte Orte nun etwa als Favoriten speichern oder Listen mit lokalen Sehenswürdigkeiten erstellen.
Neuer Service für Vergessliche
Für vergessliche Nutzer erweitert Apple den Umfang der Erinnerungen-App. Sie organisiert Erinnerungen nun automatisch nach unterschiedlichen Merkmalen und wurde um eine Schnellzugriffsleiste erweitert, mit der rascher Datum, Uhrzeiten oder Orte zu einer Erinnerungen hinzugefügt werden können. Auch Siri werkelt nun im Hintergrund des Programms mit und schlägt potenzielle Erinnerungen auf Basis anderer Anwendungen, etwa der Nachrichten-App, vor.
All diese Eingaben können Nutzer nun auch über eine neue Tastatur, nämlich per «QuickPath-Eingabe», vornehmen. Dazu streichen sie einfach über die Tastatur und verbinden Buchstaben miteinander. Das soll besonders die einhändige Bedienung komfortabler machen. Neu ist das aber nicht – Android-Geräte unterstützen diese Funktion bereits seit Längerem, iPhone-Besitzer mussten sich bisher mit Drittanbieter-Programmen behelfen.
Siri
Wer gerne mit seinem Telefon spricht oder ihm zuhört, kann sich mit mehr Funktionen für die Sprachassistentin Siri vertraut machen. Sie arbeitet nun auch mit der Apple-App „Kurzbefehle“ zusammen und kombiniert die Wünsche der Nutzer mit mehr Dialogbereitschaft. Wollen sich Anwender etwa Essen bei einem Lieferservice bestellen, zeigt Siri eine Liste der Restaurants, bei denen Anwender schon einmal geordert haben – zusammen mit den jeweiligen Lieblingsgerichten.
Auf dem Apple-Lautsprecher HomePod kann die Künstliche Intelligenz zudem nun auch Stimmen unterscheiden und auf den AirPods-Kopfhörern Nachrichten vorlesen. Die beiden letzten Funktionen kennen Android-Nutzer vom Google Assistant und den Google-Home-Lautsprechern allerdings ebenfalls bereits.
Leistung
Wie gewohnt verspricht Apple auch einen Geschwindigkeitsbonus mit der Installation der neuen Software: So soll iOS 13 das Gerät per Gesichtserkennung um bis zu 30 Prozent rascher entsperren. Programme sollen bis zu zweimal so schnell starten. Zudem wurde die Download-Grösse für Apps geschrumpft, was Speicherplatz und Datenvolumen schonen soll.
Zudem will Apple seine NFC-Schnittstelle auch für Entwickler öffnen. Der Standard zum kontaktlosen Datentausch auf kurzer Distanz öffnet dann etwa den Weg für die AusweisApp 2 in den App Store. Mit dieser können sich Nutzer dann im Netz ausweisen.
Verfügbarkeit
Das kostenlose Update wird ab dem 19. September über die Systemeinstellungen verteilt. Allerdings gehen auch bei diesem Update wieder etliche iPhone-Besitzer leer aus. So werden lediglich alle iPhones rückwirkend bis zum Modell 6s und 6s Plus, sowie das iPhone SE und der iPod Touch der 7. Generation aktualisiert. Wer ein älteres Gerät besitzt, muss vor dem Software-Download zuerst zu einer neuen Hardware greifen.
Neben eigenen Akzenten hat Apple mit der neuen Software auch einige Lücken geschlossen, bei denen sich Google mit seinem Android-Betriebbsystem einen Vorsprung erarbeitet hatte. In Kombination mit dem günstigen 699-Dollar-Preis für das neue iPhone 11 könnte Apple künftig versuchen, den geringeren Marktanteil, den etwa Zahlen von eMarketer für die USA belegen, zu verkleinern.
Die Test-Version weist Mängel auf
Besitzer der passenden Geräte sollten sich allerdings unbedingt bis zum finalen Release der Software gedulden – die öffentlichen Test-Versionen stiessen im Netz in diesem Jahr auf besonders viel Kritik.
Fehler in den bisherigen Beta-Updates gaben etwa unvermittelt Passwörter frei oder liessen Dateien in der iCloud oder iTunes-Bibliothek unerwartet verschwinden.
Tablet-Software iPad OS
Noch grösser dürfte die Vorfreude auf das neue Update allerdings bei den Besitzern eines iPads sein – besonders der neuesten Modelle. Denn hier unternimmt Apple wichtige Anstrengungen, um die Tablets als echte Computer-Konkurrenten zu positionieren. Der wichtigste Unterschied: Erstmals wird das auch in der Bezeichnung der Software deutlich.
Während die iPads bislang ebenfalls mit «iOS»-Updates versorgt wurden, tauft der US-Konzern das Betriebssystem nun in «iPad OS» um und verspricht «ein ganz eigenes Erlebnis» entwickelt zu haben. Angeführt wird die Liste der Neuerungen von verbesserten «Slide Over»- und „Split View“-Funktionen. Diese wurden erweitert und ermöglichen nun die Darstellung von mehreren Apps gleichzeitig.
Sogar mehrere „Spaces“ lassen sich öffnen, vergleichbar mit Desktop-Bildschirmen, auf denen widerrum mehrere Apps geöffnet werden können. Eine frei verschiebbare Mini-Tastatur soll zudem für mehr Durchblick auf dem Bildschirm sorgen.
Der Homescreen hebt sich ab
Ein echter Hingucker ist der neue Homescreen geworden, der sich nun auch sichtbar vom iPhone abhebt. Um mehr aus den grossen Tablet-Displays herauszuholen, zeigt Apple nun mehr Anwendungen und sogar erstmals Widgets auf der Startseite an.
Am linken Bildschirmrand können sich Nutzer einen schnellen Überblick über Kalender, Wetter, Mails und Co. verschaffen – in der Liste lassen sich unterschiedliche Funktionen nach Belieben sortieren. Bei Android-Geräten lassen sich solche Widgets bereits für unzählige Apps frei positionieren, Apple wagt sich hier mit einer gebündelten Ansicht behutsam nach vorne.
Frischzellenkur für Dateien-Apps
Der wichtigste Schritt auf dem Weg zum Laptop-Ersatz ist aber die Frischzellenkur der «Dateien»-App. Bisher zeigt sich der i-Konzern hier recht engstirnig. Die Devise: Möglichst wenig fremde Geräte und Dateien auf den hauseigenen Devices ermöglichen. Nutzer kritisierten vehement, dass diese Politik einen vollwertigen Laptop-Ersatz im Keim erstickte.
Nun will die neue Version der Anwendung alle Dateien an einem Ort bündeln und den Zugriff darauf ermöglichen. So können Nutzer etwa über freigegebene Ordner mit anderen an Dateien und Dokumenten zusammenarbeiten oder auf Arbeitsdateien via vernetztem Server oder Computer zugreifen. Besonders praktisch ist alles, dass Apple den Anschluss von externen Festplatten, SD-Karten und USB-Laufwerken ermöglicht, um Dateien mit dem iPad auszutauschen.
Nur neue iPads werden aktualisiert
Auch die Funktionen des Apple Pencil und der Textbearbeitung in unterschiedlichen Schreibprogrammen wurden erweitert. Darüberhinaus übernimmt iPad OS fast alle Funktionen aus dem Smartphone-Pendant, etwa den systemweiten Dunkelmodus, die Bearbeitungsfunktionen für Fotos und Videos oder das Versprechen, mehr Leistung aus den Geräten herauszuholen.
Bei der Verteilung des Updates gibt sich Apple nur teilweise grosszügig. Aktualisiert werden alle iPad Pros, die iPads der 5. und 6. Generation, die iPad Minis der 4. und 5. Generation sowie die iPad Airs der 2. und 3. Generation.
Dieser Artikel erschien zuerst bei der «Welt» unter dem Titel: «Diese neuen iOS-Funktionen müssen Sie ausprobieren».