Jetzt ist es offiziell: Lloyd Blankfein verabschiedet sich bis Ende Jahr aus dem Chefsessel bei Goldman Sachs und macht den Platz für seinen Nachfolger frei. Er übergibt beide Spitzenämter – CEO und Verwaltungsratspräsident – an David Solomon. Die Staffelübergabe hatte sich bereits abgezeichnet, als Solomon im März als alleinige Nummer zwei im Haus verblieb, nachdem er sich zuvor das Amt des COO für mehr als ein Jahr geteilt hatte. Diese Änderung wurde als Vorentscheidung bewertet.
Blankfein war einer der dienstältesten Unternehmenslenker an der Wall Street. Der 63-Jährige steht seit 2006 an der Spitze der renommierten Investmentbank. Er trotzte nach der Finanzkrise Rücktrittsforderungen und blieb auch im Amt, als er gegen eine Krebserkrankung kämpfte. Goldman Sachs beschäftigte sich schon länger damit, Blankfeins schrittweisen Ausstieg auf den Weg zu bringen.
Konkurrenz unter Nachfolgern
Mit Solomon übernimmt ein studierter Politikwissenschaftler einen der absoluten Topjobs in der amerikanischen Bankenwelt. Er startete als 20-Jähriger in der Finanzindustrie bei der New Yorker Bank Irving Trust. Zu Goldman Sachs kam er 1999 – und das gleich als Partner. Mit 56 Jahren war seit vier Jahrzehnten kein Chef älter als er bei Antritt als Goldman-Sachs-Chef, berichtet Bloomberg.
Solomon hat sich seine Sporen bei Goldman Sachs verdient. 2006 übernahm er die Führung der Investmentsparte und hatte sie bis zum vergangenen Jahr inne. Zum gegenwärtigen Posten als COO kam er dank dem Weggang des seines Vorgängers Gary Cohn. Der verliess die Bank, um Wirtschaftsberater für den amerikanischen Präsidenten Donald Trump zu werden. Solomon lieferte sich 15 Monate lang einen Wettstreit mit seinem Kollegen Harvey Schwartz, der zeitgleich befördert worden war. Als Solomon sich im März durchsetzte und Schwartz Goldman verliess, galt die Nachfolge als gesetzt.
Seine Übernahme kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Goldman Sachs neu aufstellt. Das Geschäft läuft derzeit glänzend, wie die heute präsentierten Quartalszahlen zeigen. Dank des boomenden Geschäfts mit dem Handel von Anleihen, Rohstoffen und Devisen (FICC) steigerte Goldman Sachs den Nettogewinn im Zeitraum April bis Juni um 44 Prozent auf 2,35 Milliarden Dollar.
Der Banker als DJ
Der neue Goldman-Sachs-Chef ist dabei kein gewöhnlicher Banker. Privat tritt der 55-Jährige regelmässig als «DJ D-Sol» auf, wie die «New York Times» kürzlich berichtete. Bilder und Videos eines inzwischen gelöschten Instagram-Accounts zeigen Solomon beim Auflegen von elektronischer Musik in New York, Miami und auf den Bahamas zeigen.
Gegenüber der Zeitung sagte eine Goldman-Sprecher im Frühjahr: «David war immer davon überzeugt, dass ein breites Spektrum an Interessen zu einem ausgeglichenen Leben führt und eine bessere Karriere ermöglicht.» Das predige er regelmässig jüngeren Mitarbeitern in der Firma und versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen.
«Ich liebe Musik», sagte Solomon in einer bankinternen Podcast-Serie auf eine Frage nach seinen DJ-Aktivitäten, und er erinnerte sich, wie er als Student mehr als 1000 Vinylalben hatte, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schreibt.
Vor fünf bis sieben Jahren habe er dann angefangen, sich stärker für elektronische Musik zu interessieren. «Ich habe gesagt: Weisst du, ich mag einiges von dieser Musik. Und ich habe begonnen, damit herumzuspielen, über diese DJs zu lesen, die diese unglaublichen Plattformen hatten, und ich habe gesagt: Weißt du was? Das sieht interessant aus. Und ich bin da als eine Art Hobby hineingestolpert.»
(bsh/me, mit Material der SDA, Bloomberg und Reuters)