Manchmal läuft es in der grossen Wirtschaft so ähnlich ab wie beim Monopoly. So etwa in diesem Fall: Am Rand des Spielbretts sitzt Klaus Jacobs. Ihm gehört schon Adecco, aber die Firma hat ein Problem. Das Management ist nicht gut genug. Also kauft er eine weitere Firma dazu, die DIS AG, ebenfalls ein Zeitarbeitsunternehmen. Dort holt er einen der Topmanager heraus und setzt ihn an die Spitze von Adecco.

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So kam Dominik de Daniel nach Glattbrugg. Seit Anfang April ist er Finanzchef dieses Unternehmens, das weltweit 730000 Mitarbeiter in hat und an der Börse knapp 14 Mrd Fr. wert ist. Normalerweise ist selbst das keine grosse Sache. Ein Spitzenmanager wechselt. Der Fall Adecco aber ist besonders.

Die Firma geht immer vor

Der neue Mann ist das, was im Jargon der Personalsucher «Goldfisch» heisst, ein Überflieger. Denn Vorstände von Globel Players haben normalerweise graue Haare, das Häuschen im Grünen ist abbezahlt, die Kinder sind längst aus dem Haus. De Daniel aber kann mit nichts von alledem aufwarten. Er ist heute 30 Jahre jung.

Dennoch blickt er schon auf eine Vorstandskarriere zurück. Als seine Jahrgangskollegen gerade nach ihrem Uni-Examen die ersten Bewerbungen abschicken, ist er schon für 400 Mio Fr. Jahresumsatz verantwortlich. Seinen ersten Job in der Chefetage hat er mit Mitte 20, in der Konzernzentrale von DIS, börsenkotiert, mit Sitz in Düsseldorf.

Irgendetwas scheint de Daniel richtig zu machen. Da ist zunächst sein Arbeitspensum. Die 35-Stunden-Woche ist bei ihm schon am Mittwoch erledigt. «Ich komme um sieben Uhr ins Büro, wenn es noch ruhig ist», beschreibt er seinen Stundenplan. Er lebt das Konzept «firm first», die Firma geht immer vor, auch an Wochenenden. Wenn es hoch hergeht, und etwas anderes kennt er kaum, arbeitet er an sieben Tagen die Woche.

Direkt aus der Zeitmaschine?

Die Dinge, die er anpackt, macht er richtig und vollständig. Bei DIS hat er den 182-seitigen Geschäftsbericht an die Aktionäre selber geschrieben, dafür Preise und Bewunderung nicht nur in der Branche bekommen, und in seinem neuen Job bei Adecco dürfte er es kaum anders angehen. Der Mann hat Power. So viel, dass er, würde man ihn um drei Uhr nachts wecken, sofort hellwach einen neuen Kunden in seinen Bann ziehen könnte.

Er muss sich nicht einmal dazu zwingen. «Zeitarbeit hat mich schon immer begeistert», sagt er nicht, weil man so etwas als CFO sagen muss, sondern weil er es wirklich so meint.

Schon in seinem Vorleben, mit 22, wurde er Aktienanalyst, schwärmte er von den Vorzügen dieses Geschäfts. «Viel Geld verdienen ohne Kapitaleinsatz», erläutert er, warum die Branche damals wie heute für Geldanleger interessant ist. Dabei hat er glänzende Jungenaugen und strahlt. Das hat vor Jahren auch Dietrich Paulmann gemerkt. Vor sechs Jahren holte der damalige Mehrheitseigentümer von DIS den Goldfisch de Daniel in seine Firma, ein halbes Jahr später wird er in die Vorstandsetage befördert.

Wer ihm gegenübersitzt, hat den Eindruck, de Daniel sei gerade aus der Zeitmaschine gestiegen, die ihn aus dem Jahr 2000 in die Jetztzeit geholt habe. Denn er ist der perfekte New-Economy-Mann. Jedes Internet-Unternehmen hätte ihn mit Kusshand genommen. Die beiden Worte, die ihn am besten beschreiben, sind «positiv» und «Energie».

Damals, während des www-Booms, war es Alltag, dass Menschen, die so gar nichts von Gesetztsein, Routine und grauem Büromuff verkörperten, präsentable Visitenkarten vorlegten: «Mitglied des Vorstandes» war um die Jahrtausendwende erstmals ein Beruf auch für die U-30-Fraktion geworden. Alle waren seinerzeit wie de Daniel: Arbeit Tag und Nacht, scheinbar mühelos, alles macht Spass, lächeln, dabei zielstrebig sein, uns gehört die Welt, so lautete das Credo.

Zeitarbeit bald hochprofitabel

Nur einen Unterschied gibt es zu heute. Die New-Economy-Firmen verdienten kein Geld. Nadelstreifenmann de Daniel aber ist Chef eines richtigen Unternehmens, Umsatz: 21 Mrd Dollar, Gewinn: Ein reichlich dreistelliger Millionenbetrag. Von diesen Beträgen haben Internet-Unternehmer nur geträumt, sie aber nie erreicht.

Den typischen Stil, seine Agenda anzugehen, zeigt er schon als Bub: Mit zwölf Jahren fängt er das Fechten an. Er ist schnell begeistert, treibt seinen Sport auf die Spitze. «Halte dich an die Guten, wenn du selber gut werden willst», lautet seine Einsicht.

Auf dem Weg zur Spitze Europas

Sein Trainer ist so ein Guter. So reist er ihm hinterher: Montags Rheinfelden, dienstags Bad Säckingen, mittwochs Zürich. Mit diesem Pensum bringt er es zum Meisterfechter. «Schule, Hausaufgaben, und dann endlich fechten!», beschreibt er seinen idealen Tag.

Sein Ehrgeiz hätte gereicht, sich an die europäische Spitze zu fechten. Aber es kam anders. «Im Alter von 19 Jahren stand ich vor der Entscheidung: Karriere als Fechter oder in der Bank.» Er entschied sich für den Weg im Geldhaus. Auch das war ein Ausnahmeweg. Denn bei der Deutschen Bank muss man normalerweise mindestens mit der Matur antreten. Talent de Daniel wurde ohne den Renommierabschluss genommen, nach nur zehn Jahren Schulbesuch. Damit nicht genug: Die Leistungen des Stifts fallen den Profibänkern auf, er wird daraufhin in einen Förderkreis aufgenommen. Dessen Mitglieder sind für Höheres vorgesehen.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann würde sich glücklich schätzen, hätte er de Daniel heute noch unter seinen Fittichen. Aber er ist inzwischen bei Adecco. Hier soll er das wiederholen, was ihm mit seinem Vorstandskollegen schon bei DIS gelungen ist Zeitarbeit aus dem Massengeschäft rausholen. Bauhelfer, Handlanger, Fabrikpersonal, unterste Ebene, das ist das althergebrachte Image: Leiharbeit wird schlecht bezahlt, ist nur etwas für die, die nur schwer einen Job finden.

Höher Qualifizierte anziehen

Wie man dieses Image dreht, hat de Daniel in Düsseldorf vorgemacht, und jetzt soll er es in Zürich wiederholen. «Die Zeitarbeit für höher Qualifizierte öffnen», steht auf seiner Agenda, «die Profitabilität des Geschäfts steigern.» Denn erst wenn ein Zeitarbeitsunternehmen genügend Ingenieure, Buchhaltungsleiter, Entwickler und Vertriebsexperten auf seiner Payroll hat, beginnt das Geldverdienen. Adecco kann da noch einiges aufholen. Pro ausgeliehenen Mitarbeiter schafft das Weltunternehmen gerade mal 100 Fr. Gewinn im Jahr. In seinem alten Job bei DIS zeigte de Daniel, dass da auch mehr drin ist: Den Düsseldorfern blieb pro Ausgeliehenen ein Gewinn von 4800 Fr. im Jahr.

Innert Millisekunden umschalten

Der neue Finanzchef wird das packen. Nicht, dass er Adecco innert zwölf Monaten in den Rendite-Olymp leiten wird. Aber der Exfechter weiss, was er will, und wie man Ziele erreicht. Sein Führungsstil zeugt davon, er stellt sich virtuos jeder Situation. Scherzt er eben noch mit seiner Sekretärin, kann er binnen Millisekunden auf Profivorstand umschalten. Dann macht er den Rücken steif, streckt den Kopf noch etwas höher und wirkt mit einem Mal so amtlich wie der Sprecher der Fernsehnachrich-ten. Ein 55-Jähriger könnte diese Rolle nicht besser ausfüllen de Daniel, der ernste, zielbewusste, verbindliche Durch- und Umsetzer.

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Zur Person: Steckbrief

Name: Dominik de Daniel

Funktion: Chief Financial Officer von Adecco, Chéserex

Alter: 30

Wohnort: Zürich

Karriere:

- 1993-1995 Ausbildung zum Bankkaufmann, Deutsche Bank; Banklaufbahn in Lörrach

- 1997-2000 Aktienanalyst Deutsche Bank, Frankfurt

- 2000 Wechsel zum Zeitarbeitsunternehmen DIS AG (Deutscher Industrie Service), zunächst als Leiter Investor Relations, nach sechs Monaten Beförderung zum Vorstandsmitglied

- Seit April 2006 CFO Adecco

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Führungsprinzipien

1. Konsequenten Einsatz zeigen

2. Positiv denken

3. Geht nicht, gibts nicht

4. Spass an einer Sache motiviert

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Firma

Adecco ist mit 700000 externen und 33000 internen Mitarbeitern das grösste Zeitarbeitsunternehmen der Welt. Umsatz 2005: 28,5 Mrd Fr. Grossaktionär Klaus Jacobs übernahm im November 2005 das Amt des CEO; sein Nachfolger in dieser Position wird in diesen Tagen in einem fliessenden Übergang Dieter Scheiff, der wie de Daniel von der DIS AG kommt.