Der Fotohandel muss sich im Zeitalter von Handy-Selfies und Internethandel einmal mehr neu erfinden. Die Branche, die nach eigenen Angaben kein Umsatz-, wohl aber ein grosses Margenproblem hat, musste in den letzten Jahren arg Federn lassen.
Technologische und gesellschaftliche Veränderungen fordern im Schweizer Fotohandel seit Jahren einen hohen Tribut. Reihenweise mussten in den letzten 15 Jahren eigenständige Fotogeschäfte schliessen. Nach Angaben eines Brancheninsiders existieren heute nur noch etwa ein Drittel der Geschäfte, die zu Beginn des Millenniums noch bestanden haben. Von einem eigentlichen «Fachladen-Sterben» in den letzten Jahren spricht Gian Giordano, Leiter von FotoPro Ganz in Zürich.
Die Mitgliederzahlen des Branchenverbandes ImagingSwiss bestätigen den grossen Aderlass bei den selbstständigen Unternehmen. Laut ImagingSwiss-Präsident Alex Mächler halbierte sich in den vergangenen zehn Jahren die Mitgliederzahl. Der Mitgliederschwund hat sich aber in den letzten fünf Jahren noch akzentuiert. Derzeit gehören noch 140 Firmen dem Verband an. Der Verband kommuniziert keine Umsatzzahlen.
Konkurrenz aus dem Internet
Existenzbedrohend für den gesamten Fachhandel ist inzwischen die Konkurrenz aus dem Internet. Mit einem Online-Anteil von gegen 50 Prozent zählt der Fotomarkt nämlich zu den online-affinsten Warengruppen der Heimelektronik. Nicht unproblematisch ist daher, dass die Fotobranche immer noch stark hardwareabhängig ist.
Entgegen den Erwartungen verdrängt aber die Konkurrenz, die den Fotoapparaten durch eine immer bessere Bildqualität von Smartphones erwächst, bei den Hobbyfötelern nicht in grossem Stil traditionelle Fotoapparate. Die Umsätze mit Fotoapparaten, Objektiven, Stativen und weiterem Zubehör seien zwar gut, aber die Kostendeckung schlecht, heisst es übereinstimmend bei mehreren Fachgeschäften.
Duell der Grossen
Als das «grösste Problem des Schweizer Fotohandels» bezeichnet denn auch ein Zürcher Fotohändler, der nicht genannt werden will, die beiden Grossverteiler Migros und Coop. Diese «duellierten» sich mit ihren Töchtern Digitec (Migros) und Microspot (Coop) im Internet, indem sie «Geräte unter dem Einkaufspreis» verkauften. Angesichts dieser Preise könne der Fotohandel nicht überleben. In den letzten fünf Jahren habe sich dadurch sein Gewinn mehr als halbiert, beklagt der Händler.
Markus Säuberli, Geschäftsführer der Berner Firma Foto Video Zumstein, bestätigt die «Zürcher Diagnose», wenn er feststellt: «Wir befinden uns im Moment in einer sehr schwierigen Lage, da extrem viel Ware aus Parallelimporten ins Land fliesst. Migros und Coop sind gierig und verkaufen oft unter Einstandspreis.» Säuberli beklagt zudem, dass Konsumentenorganisationen und Wettbewerbskommission vom Fachhandel Preise wie in der EU und Löhne wie in der Schweiz fordern.
Aufpreis durch Beratung wettmachen
Auch bei FotoPro Ganz heisst es: «Microspot und Digitec drücken auf den Preis, bieten aber keine Dienstleistungen». Ein Fachhändler könne es sich aber einfach nicht leisten, wie die Grossverteiler, zu jedem Preis zu verkaufen. Der Fachhandel versuche den Aufpreis mit mehr Beratung und zusätzlichen Garantieleistungen wett zu machen, und die Preisunterschiede zu den Internethändlern bei rund 10 Prozent zu halten.
Konfrontiert mit den Vorwürfen der Fotohändler gibt man sich bei Digitec Galaxus und Microspot wortkarg. Es werden keine Gewinn- und Umsatzzahlen zum Fotogeschäft bekannt gegeben.
Marktanteil ist geheim
Auch der Marktanteil ist ein streng gehütetes Geheimnis. Digitec Galaxus hat nach eigenen Angaben in dem stark rückläufigen Gesamtmarkt Foto den Marktanteil in den letzten Jahren weiter steigern können. Microspot bezeichnet sich als einen der wichtigsten Anbieter.
Digitec Galaxus arbeitet nach eigenen Angaben «wann immer möglich direkt mit den offiziellen Importeuren zusammen». Parallelimporte würden nur dann geprüft, wenn die Ware ansonsten nicht verfügbar sei oder «keine kompetitive Preisgestaltung» mehr möglich sei.
Suche nach Auswegen
Die Fachgeschäfte reagieren unterschiedlich auf die schwindenden Gewinne und setzen seit Jahren immer weniger ausschliesslich auf das klassische Fotogeschäft. Einige Händler haben ihr Laborgeschäft ganz aufgegeben und diversifizieren mehr oder weniger erfolgreich mit Mieten, Occasionen, Reparaturen, Zubehör, aber auch Kursen und Fotoreisen.
Mit mehr Marktmacht auftrumpfen will der Verbund FotoPro. Um bessere Einkaufspreise und einen stärkeren Marktauftritt zu erzielen, haben sich hier seit 1996 elf Fachgeschäfte zusammengeschlossen. Die Geschäfte treten dabei weiterhin unter ihrem eigenen Namen auf.