Managementwissen, das heute in der einschlägigen Literatur zum Standard gehört, hat Peter Drucker zum Teil Jahrzehnte früher entwickelt und analysiert. Die Beispiele:

Integrität und Corporate Governance (1942)

In «The Future of Industrial Man» macht Drucker sich grundlegende Gedanken über ein Thema, das heute Corporate Governance genannt wird: die Integrität der Unternehmensführung. «Es handelt sich buchstäblich um unbegründete, ungerechtfertigte, unkontrollierte und unverantwortliche Macht», schreibt Drucker vor fast 65 Jahren über die Macht der Manager. Spürt schon 1950 Groll gegen masslose Managergehälter, die als «Verweigerung von Gerechtigkeit» empfunden würden. «Und daran», sagt er heute, «hat sich wenig geändert.»

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Führen per Zielvereinbarung (1954)

Erfolg, so Drucker, gibt es nur im Team. Zwar trägt jeder Mitarbeiter etwas anderes bei, doch alle müssen ein gemeinsames Ziel anstreben. «Damit ein Unternehmen Ergebnisse erzielen kann», schreibt er 1954 in «The Practice of Management», müssen alle Tätigkeiten auf die Ziele des Gesamtunternehmens ausgerichtet sein.» Drucker nennt diesen Führungsstil «Management by Objectives», Unternehmensführung per Zielvereinbarung. Ein Manager muss wissen, welche Leistungen er von einem Mitarbeiter erwarten kann. Und dieser muss verstehen, welche Leistungen er erbringen soll, damit das Unternehmen sein Ziel erreichen kann. Wie er das Ziel erreicht, legt er selbst fest. «Das», so Drucker, «ist echte Freiheit im Rahmen des Gesetzes.»

Dezentralisierung (1946)

Das Fundament für seinen Ruf als Urvater der Managementlehre hatte Drucker noch früher gelegt: mit seiner Publikation über die komplexen internen Abläufe des Automobilkonzerns General Motors. In Managementkreisen ist das Werk vor allem berühmt für die Einführung der Dezentralisierung als Organisationsprinzip. Während er mit seinen Erkenntnissen weder das GM-Topmanagement noch seine Kollegen aus der Wissenschaft überzeugte, wurden Druckers Ideen bei anderen Unternehmen begeistert aufgenommen. Nachdem Henry Ford II. 1945 an die Konzernspitze gerückt war, baute er das angeschlagene Unternehmen nach dem Dezentralisierungsmodell um. Auch General Electric setzte Anfang der Fünfzigerjahre beim Umbau der Firma auf die Kernbotschaft des Buchs – und auf Drucker als Berater. Anfang der Achtzigerjahre, so Schätzungen, habe Drucker bis zu 80 Prozent der 500 grössten US-Unternehmen zur Umstellung auf eine radikale Dezentralisierung bewegt.

Automation (1955)

«Die Automation ist die technische Revolution in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts», schreibt Drucker 1955 in «America’s Next Twenty Years», «so wie es die Massenproduktion in der ersten Hälfte war.» Jahrzehnte vor der massenhaften Verbreitung der Personalcomputer prophezeit Drucker die «deutliche Abnahme der Beschäftigten bei routinemässiger Büroarbeit» und «Arbeitslosigkeit durch Verdrängung».

Strategie (1964)

Den Begriff führt Drucker vor 40 Jahren in seinem Buch «Managing for Results» ein. Er fordert eine aktive Unternehmenspolitik, denn «Ergebnisse entstehen nicht durch die Lösung von Problemen, sondern die Ausnutzung von Chancen». Es heisse: entweder führen oder scheitern. Da Führungspositionen vergänglich sind, müssen Manager den «Trend zur Mittelmässigkeit» stoppen, Strategien überprüfen und anpassen, Ressourcen bündeln und nur die «entscheidenden Chancen» ergreifen.

Marketing und Innovation (1974)

Nicht Geld zu verdienen, ist für Drucker wesentliches Unternehmensziel («nicht nur falsch, sondern auch irrelevant»). Sondern einen Kunden zu finden. «Er entscheidet darüber, was ein Unternehmen ist. Einzig seine Bereitschaft, für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu bezahlen, wandelt wirtschaftliche Ressourcen in Wohlstand.» Ein Unternehmen habe nur zwei zentrale Funktionen: Marketing und Innovation. Das heisst: Ein Unternehmen «muss nicht unbedingt grösser, doch es muss stetig besser werden». Was auch das Marketing neu definiert: «Ein Unternehmen beginnt nicht mit der Frage: Was wollen wir verkaufen? Sondern: Was möchte der Kunde kaufen?»

Effektivität (1966)

Gute Manager fragen: Was hat ein Mitarbeiter gut gemacht? Was kann er wahrscheinlich gut machen? Was muss er lernen? Mit welchem Beitrag kann ich Leistung und Ergebnis meines Unternehmens wesentlich beeinflussen? «Es ist ein Unterschied, ob man das Richtige macht oder dafür sorgt, dass das Richtige gemacht wird», so Drucker in «The Effective Executive». Letzteres sei Standard für Effektivität, Ersteres der Effizienzstandard für Handarbeit. Effektive Führungskräfte «machen das Wichtigste zuerst, das weniger Wichtige gar nicht». Sie managen vor allem ihre Zeit, als «knappste aller menschlichen Ressourcen». Und konzentrieren sich auf Ergebnisse, nicht auf die Arbeit, die dahintersteckt. So warnt Drucker auch vor dem blinden Glauben an Computer, welche die Aufmerksamkeit auf Daten statt auf den Kern des Geschäfts lenkten. «Informationen», sagt Drucker, «sind noch lange kein Wissen.»

Die Wissensgesellschaft (1966)

Wissen, das erkannte Drucker früh, wird zum entscheidenden Rohstoff unserer Gesellschaft. «Es ist an kein Land gebunden. Es ist transnational. Es ist tragbar. Es kann überall geschaffen werden, schnell und billig. Und es verändert sich per definitionem.» Die Organisation der Wissensarbeiter bestimmt die moderne Gesellschaft. «In jeder Einrichtung hat sich das Hauptgewicht der Tätigkeit auf die Wissensarbeiter verlagert, auf jene Menschen, die keine Körperkraft oder Handfertigkeit einsetzen, sondern ihren Intellekt.» Ein Thema, das Drucker seitdem nicht mehr losgelassen hat. In seinem nächsten Buch wird er es wieder aufgreifen und versuchen, eine Antwort zu geben auf die Frage, wie man Wissen produktiv macht – «ein zentraler Punkt für die Zukunft unserer Gesellschaft», so Drucker. «Wir befinden uns wieder einmal mittendrin in Zeiten substanzieller Umbrüche.»