Erfahrungsmedizin wirkt umfassend. Wer das noch nicht weiss, spürt es beim Besuch des Familienunternehmens Ebi-Pharm in Kirchlindach bei Bern. Freier Blick auf die Alpenkette und Kuhglockengeläute im Ohr – und in Lager und Rüstraum mischen sich Karton- und Medizinalduft, so werden alternativmedizinische Heilmittel für den Versand bereitgemacht.
Harmonie und Sorgfalt gehören aber auch zum Führungsstil des Familienunternehmens: Neben Firmenvater Jürg Binz und seiner Frau Erika gehören Tochter Andrea und Sohn Stefan zum Leitungsteam. Und bald stossen auch deren Partner dazu. Treue zeichne auch ein Grossteil der knapp 40 Beschäftigten aus: «Ausser einer Pensionierung und einem Abgang gab es zum Beispiel im Verkaufsteam noch keinen Wechsel», freut sich Binz.
Zweimal angebaut
Mit dem richtigen Stil, grossem Engagement und viel Fachwissen rund um Erfahrungsmedizin wurde das Familienunternehmen zu einem Marktleader. Das Fachwissen hat sich Binz über die Jahre angeeignet. Erst war er kaufmännischer Direktor der Chassot AG, einer auf Tiermedizin ausgerichteten Tochter der nicht mehr existierenden Galactina aus Belp bei Bern. 1988 konnte Binz deren bescheidene Abteilung für Homöopathie übernehmen.
Rasch wuchs der Drei-Leute-Betrieb zu einem der grössten Handelsunternehmen in diesem Bereich. Bereits musste zweimal neu gebaut werden, erstmals 1991 und erst kürzlich Ende 2006. Seit Juli 2007 besteht eine Kooperation mit dem Ausbildungszentrum für Komplementärmedizin Paramed im zugerischen Baar.
Heil- und Ergänzungsmittel
Weiter zeichnet sich Ebi-Pharm durch eine grosse Neutralität aus und gilt im Bereich der Komplementärmedizin als breit vernetzt. «Vergleichbare Unternehmen gibt es kaum. Wer sonst Komplementärmedizin vertreibt, ist meistens gleichzeitig der Hersteller und beschränkt sich auf sein eigenes Therapiekonzept», erläutert Binz. Die bedeutenden Schweizer Hersteller Burgerstein (Rapperswil SG) und Ceres Heilmittel (Kesswil TG) haben Ebi-Pharm dagegen ihren gesamten Vertrieb im Inland übergeben. Burgersteins Vitamin C und mehrere Multivitamin-Präparate nennt Binz als Umsatzrenner. Damit habe das Unternehmen eine starke Stellung im Bereich von Stärkungs- oder Ergänzungspräparaten erreicht.
Daneben vertreibt es die Präparate von mehreren bekannten ausländischen Herstellern von Erfahrungsmedizin. «Ein umfassendes Angebot an komplementärmedizinischen Therapierichtungen ausser anthroposophischer und traditioneller chinesischer Medizin TCM», definiert Binz sein Portfolio.
Politischer Gegenwind
Dank der breiten Akzeptanz der Komplementärmedizin verspürt Ebi-Pharm viel Aufwind. Zugleich bremst aber eine steife Bise das Wachstum. «Die Komplementärmedizin verspürt einen wachsenden Druck der Schulmedizin», sagt Binz als Erstes. Zweitens würden in der Politik und bei den Krankenversicherern viele dieser Heilverfahren benachteiligt. Drittens drückten die zunehmenden Auflagen der Heilmittelbehörde. Diesbezüglich habe die Heilmittelaufsichtsbehörde Swissmedic zwar einige Anpassungen in der entsprechenden gesetzlichen Verordnung vorgenommen und auch gewisse Gebühren gesenkt. «Aber das reicht nicht. Es fehlt die Anerkennung der spezifischen Anforderungen der Alternativmedizin. Homöopathie zum Beispiel setzt für einzelne seltene Krankheitsbilder häufig sehr spezifische Mittel ein. Doch für vielleicht drei Anwendungen im Jahr ist das Registrierprozedere viel zu aufwendig.» Als Folge davon musste Ebi-Pharm Mitte dieses Jahres viele homöopathische Medikamente aus dem Sortiment nehmen.
Um diesen Böen auszuweichen, wird die neue Tochterfirma Derrano AG aufgebaut. «Mit einer Bio-Linie und später Diätprodukten wollen wir den Schritt zu Nahrungsmittelergänzungen und besonderen Lebensmitteln machen», erläutert der Chef und Mehrheitsaktionär. Ernährungsfragen gehörten zu vielen Behandlungen und auch in der Prävention sei die Ernährung ein zentrales Thema. «Darum ist der Schritt gar nicht so gross.» Dank der Bekanntheit von Ebi-Pharm bei Naturheilpraktikern und im Fachhandel erhofft sich Binz rasch Erfolg mit dem neuen Sortiment. Auch der Preis soll dank eines entgegenkommenden Lieferanten – ein Biopionier aus Österreich – vorteilhaft ausfallen. Derranos erster Auftritt findet an der Berner Fachmesse für Alternativmedizin vom 9. bis 11. September statt.
Jetzt kommt das Internet
Als Neuheit kommt hinzu, dass Derrano den Verkauf via Internet anpeilt. «Heilmittel gehen weiterhin nur über den Fachhandel. Doch 20 bis 25 % der Kunden gehen nie in solche Geschäfte», sagt Binz. Vermöge sich Derrano zu profilieren, sehe er auch Chancen für einzelne Eigenmarken. Das soll die Segel des Unternehmens «weiter straffen» und damit auch in Zukunft weiter auf dem Erfolgskurs halten können.
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Firmenprofil
Name: Ebi-Pharm AG, Kirchlindach BE
Gründung: 1988
Führung: Jürg Binz
Umsatz: 35 Mio Fr.
Beschäftigte: 40
Produkte: Vertrieb von Heilmitteln für erfahrungsmedizinische Therapierichtungen
Internet: www.ebi-pharm.ch