Nestlé steht einem Zeitungsbericht zufolge vor einer Einigung in den Preisverhandlungen mit der Einkaufsgemeinschaft Agecore um die Einzelhändler Edeka und Coop. Nach monatelangem Streit hätten sich Unterhändler beider Seiten Ende vergangener Woche grundsätzlich auf einen Kompromiss verständigt, berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» am Dienstagmorgen. Die Vereinbarung sei jedoch noch nicht unterschrieben.
Einige Stunden später sieht es nun anders aus: Offenbar hat Nestlé ein Angebot gemacht, um den Streit beizulegen. Dieses jedoch lehnen die Händler ab:
Laut Edeka-Konzernchef Markus Mosa ist es nicht akzeptabel. «Wir sind in der letzten Woche vorangekommen, aber wir sind noch lange nicht am Ziel», sagte Mosa am Dienstag in Hamburg. «Wir kommen voran, und wir wollen auch den Streit beilegen, haben aber noch keine Einigkeit erzielt.» Auch Coop sucht laut einer Sprecherin weiter nach Lösungen.
Boykott weitete sich auf mehr als 200 Produkte aus
Mitte Februar hatte Coop in Allianz mit fünf weiteren Handelsketten in Europa einen Teil der Nestlé-Produkte vorübergehend aus dem Regal verbannt, wie handelszeitung.ch berichtet hatte. Der Boykott wurde Anfang April ausgeweitet – von 150 auf über 200 Produkte. Betroffen sind etwa Marken wie Nescafé, Maggi, Thomy, Vittel und San Pellegrino.
In den kommenden Tagen werde nun mit Hochdruck an den Details des neuen Vertrags gearbeitet, heisst es. Nestlé sei «in zentralen Punkten zu Konzessionen an die Einzelhändler bereit gewesen», zitiert die FAZ einen Teilnehmer an den Verhandlungen. Gemeint ist damit die Bereitschaft von Nestlé, sich an gemeinsamen Werbeaktionen mit Edeka finanziell stärker zu beteiligen. Für besondere Platzierungen an der Kasse soll Nestlé demnach extra zahlen in Zukunft. Nestlé war bereits vor Ostern bereit, Entgegenkommen zu zeigen, berichtet die deutsche «Lebensmittelzeitung». Edeka habe dies aber nicht akzeptiert.
Negativ für Nestlé
Marktbeobachter werten das mutmassliche Nachgeben Nestlés als Zeichen für die erstarkende Macht der Detailhändler. Das sei negativ für Nestlé und die gesamte Nahrungsmittelindustrie, schreibt die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in einem Kommentar. «Diese Signalwirkung würde auch Detailhändler ausserhalb von Agecore dazu ermuntern, die Konditionen neu auszuhandeln.»
Zu der Einkaufsallianz gehören sechs Händler in Europa – Edeka, Coop, Intermarcheé, Colruyt, Conad und Eroski. Die Allianz erzielt laut ZKB einen Umsatz von gut 2 Milliarden Franken mit Nestlé. Für Nestlé sind das 2 Prozent des Konzernumsatzes und 10 Prozent des Europaumsatzes. Sie hatten in den Verhandlungen versucht, den Druck auf Nestle zu erhöhen, indem sie bestimmte Produkte des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns boykottiert hatten.
Nestlé äusserte sich zunächst nicht zu dem Bericht. Auch Coop wollte sich auf Nachfrage von handelszeitung.ch nicht zum Stand der Verhandlungen äussern.
(me/ise/bsh, mit Material von Reuters)