Dort gibt es kein Bankgeheimnis, und das bedeutet: Jede Bank ist per Gesetz gezwungen, Onlineabfragen der Finanzämter über ihre Kunden zuzulassen. Die Kapazität ist in vielen Instituten auf mehrere tausend Anfragen pro Tag angelegt, und die Kosten dafür tragen die Banken selbst. «Wir müssen diese Schnüffelei auch noch selbst bezahlen», erzürnt sich der Chef einer deutschen Privatbank. «Automatischer Informationsaustausch» nennt sich diese Praxis in der Fachsprache, und geht es nach den Hochsteuerländern Deutschland und Frankreich, soll er überall in Europa kommen. Bisher sperren sich dagegen vor allem Luxemburg, Österreich – und die Schweiz.
Hinter dieser Ablehnung stehen nicht nur legitime Interessen unseres Finanzplatzes (siehe Seite 26), sondern auch ein Verständnis von Persönlichkeitsschutz, das den Staat als Partner und nicht als Obrigkeit begreift. Sich auf die EU-Forderungen einzulassen, kann und darf deshalb für die Schweiz kein Thema sein.
Die Frage ist nur: Wie lässt sich diesen Anmassungen entgegentreten, wenn sie von EU und USA gemeinsam auf die kleine Schweiz einprasseln? Der Druck auf die UBS liegt nicht nur in ihrem krassen Fehlverhalten begründet. Er ist auch ein Signal der grössten Wirtschaftsmacht, mit der UBS den weltweiten Bannerträger des Private Banking zu attackieren. Und damit der Fanfarenstoss im Kampf gegen die globale Schwarzgeld-Industrie.
Aussitzen reicht da nicht mehr. Langfristig scheint nur eine Lösung möglich: Die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug muss fallen. Schon heute leistet die Schweiz bei Steuerbetrug Rechtshilfe, und davon machen die EU-Staaten erstaunlich wenig Gebrauch. Diese Rechtshilfe auch auf Steuerhinterziehung auszudehnen, erscheint als gangbarer Kompromiss. Unverhandelbar muss dabei bleiben: Es braucht ein Strafverfahren im Heimatstaat. Nur so lässt sich das Horrorszenario namens «automatischer Informationsaustausch» verhindern.