Es ist ein wahrhaft globales Gespräch. Einer ist in Japan unterwegs, der andere in London geschäftlich engagiert – via Internet sind sie nun verbunden: Linker, Sozialdemokrat, Armeeabschaffer der eine; Kapitalist, ehemaliger Grossaktionär von Sulzer und BILANZ-Mitbesitzer der andere, ein Mann überdies des geschliffenen Wortes. Als ihr Streitgespräch – oder besser: ihre E-Mail-Debatte – über staatliche Bürokratie, Raffgier und die Globalisierung am 18. Oktober in der autorisierten Fassung vorliegt, verwischen sich die Grenzen. «Sozialismus hat es auf der Welt noch nie gegeben», sagt der Linke, «nur den Missbrauch durch totalitäre Herrschaften.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Und der Rechte zitiert Marx, der sagt, der Kapitalismus sei eine ständige Revolution. Beide meinen unisono, die Globalisierung sei nicht das grosse Problem dieser Welt. Ein Ergebnis der Auseinandersetzung könnte Mut machen: Im Kampf gegen die ausufernde Bürokratie, gegen die Ineffizienz der Politik, die ungebremste Schuldenlast im Inland und das Armutsgefälle zwischen Erster und Dritter Welt scheinen sich die ideologischen Trennlinien zwischen links und rechts – zumindest im Fall dieser beiden Internet-Debattierer – aufzulösen. Andreas Gross wie Tito Tettamanti sehen in groben Zügen die gleichen Probleme. Wir haben den Linken wie den Rechten gefragt: Was ist zu tun? Die Antworten, siehe Artikel zum Thema «Andreas Gross und Tito Tettamanti: «Die Globalisierung ist nicht das Problem»».

Wirtschaftliche Dynamik schafft Arbeitsplätze und damit Wohlstand. Fehlen dazu die Anreize, geschieht das Gegenteil. Unser Autor Markus Schneider, aus dessen Feder die seit Anfang Jahr laufende BILANZ-Serie über Irrtümer in der Wirtschaftspolitik stammt, hat dies an zahlreichen Beispielen aufgezeigt. Ein besonders augenfälliges Beispiel präsentiert er uns im vorliegenden Heft. Schneider schreibt: «Deutschland erlebt es in den Bundesländern der früheren DDR, Italien im Mezzogiorno, die Schweiz in den Bergkantonen: Subventionen lösen keine Wirtschaftswunder aus» («Serie: Die zehn grössten Irrtümer der Wirtschaftspolitik»). Eine Binsenweisheit, sollte man meinen, aber eine, über die man sich offensichtlich zu wenig im Klaren ist. Der interkantonale Finanzausgleich zum Beispiel ist heute zum Selbstbedienungsladen verkommen und weckt immer neue pekuniäre Begehrlichkeiten. Weiteres trauriges und aktuelles Beispiel ist das Verbandsbeschwerderecht: Ein paar Aktivisten können ein Grossprojekt wie den Zürcher Stadionbau verhindern, das willkommene wirtschaftliche Impulse auslösen könnte. Dies hat nichts mehr mit Demokratie zu tun – das ist Minderheitendiktatur. Ich frage mich: Sind sich Leute wie Beschwerdeführerin Gabi Petri dessen bewusst? Haben sie die fröhlichen Spiele in Portugal und Griechenland gesehen, in zwei Ländern also, denen viele saturierte Schweizer den Mumm für die Organisation nicht zugetraut hatten? Wir haben Petri, stellvertretend für die Verhinderungsmentalität in diesem Land, zur Protagonistin für unser aktuelles «Machtnetz» erkoren – und selten hat dieser Rubriktitel besser gepasst (siehe Artikel zum Thema «Machtnetz Gabi Petri: Dominik Flammer»).

Wer glaubt, es lasse sich keine Steigerung mehr vorstellen, irrt. Man stelle sich einmal ein Land vor, in dem sich innert 50 Jahren zwischen Gerichtskosten im Haftpflichtbereich und Bruttoinlandprodukt eine Lücke von 10 000 Prozent auftut. Ein Land, in dem die Anwaltsbranche mehr umsetzt als die Ikonen der heimischen Wirtschaft. Ein Land, in dem die Summe der durch Gerichte abgesegneten Schadenersatzzusprüche schneller wächst als die nationale Wirtschaft. Dieses Land existiert: Es sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Anwälte schaffen keine Arbeitsplätze im grossen Stil – im grossen Stil kassieren sie nur ab. Jedenfalls in den USA. Die USA waren einmal das liberalste Land der Welt. Heute ersticken sie an ihren eigenen Gesetzen (siehe Artikel zum Thema «Spezial: USA».)