Ende April, zwei Wochen nach seiner Nomination zum neuen Nationalbankpräsidenten, stellten wir Philipp Hildebrand in einem klassischen Porträt als «Herrn des Geldes» vor und beschrieben ausführlich den Werdegang und das hochkarätige Netzwerk des 46-Jährigen, der am 1. Januar 2010 das Amt von Jean-Pierre Roth übernimmt.

Jetzt ziert der zukünftige oberste Währungshüter des Landes wieder das Titelblatt – und das aus aktuellem Grund: Obwohl noch gar nicht im Amt, ist zwischen Hildebrand und den einflussreichsten Bankenvertretern des Landes ein heftiger Streit um die Zukunft des Finanzplatzes entbrannt (siehe Seite 36). Hildebrand fordert mehr Regeln, die Banken wehren sich. Zwar gibt der neue Notenbankchef vor seinem Antritt keine öffentlichen Interviews, doch er befeuert den Zwist mit markigen Vorträgen: «Wir vergessen die Ernsthaftigkeit der Krise und werden Opfer des wiedererwachten Lobbyings einer mächtigen und erholten Branche. Das dürfen wir nicht hinnehmen.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Hinter dem Konflikt stehen diametral gegensätzliche Ansichten über die weitere Wirtschaftsentwicklung. Die Grossbanken verweisen auf ihre starken operativen Resultate und rechnen mit einem verhaltenen Aufschwung. Weitere Regeln bremsen da nur. Die Nationalbank will dagegen von dem noch vorhandenen Krisengefühl in der Bevölkerung profitieren, um Schlimmeres zu verhindern. Die Chance dieser Finanzkrise müsse genutzt werden, so Hildebrand unlängst in einem «NZZ»-Gastbeitrag, denn sonst «werden wir die Wahrscheinlichkeit der nächsten Krise erhöhen».

Hier agiert der künftige Notenbankchef, der theoretisch noch fast 20 Jahre sein neues Amt ausüben könnte, ganz im Geiste seiner ehemaligen Kollegen aus der Hedge-Fund-Branche: Er sichert sein Reputationsrisiko langfristig ab. Erholt sich die Wirtschaft weiter, steht er zwar als übervorsichtiger Mahner da, doch schliesslich hat er nur den gesetzlichen Auftrag der Nationalbank zur Systemstabilität erfüllt. Gerät das Finanzsystem jedoch nochmals ins Wanken, wird er zum Propheten, der recht bekommt.