Der Befund ist eindeutig: Wer sich heute nicht grün gibt, hat ein Imageproblem. Das zeigt unsere Rangliste der grünsten Unternehmen der Schweiz. Es gibt kaum einen Chef, der Umweltschonung, Nachhaltigkeit und sparsamen Umgang mit den Ressourcen nicht zum Mantra erhoben hätte.
Nun gibt es derartige politische Bekundungen schon seit Jahren. Doch das Neue ist, dass ökologische Effizienz keine Schönwetterveranstaltung mehr ist, sondern ein Muss in Sturmzeiten. Hoher Energieverbrauch bedeutet hohe Kosten – und die kann sich heutzutage kein Unternehmenschef mehr leisten. «Dienstreisen, insbesondere Flugreisen, sollen bei uns möglichst vermieden werden», betont Yves Serra, der Chef des Industriekonzerns Georg Fischer und Drittplatzierter in der Rangliste. Für den Sieger, ABB-Chef Joseph Hogan, steht fest: «Unternehmen können sich in Umwelt- und Ethikfragen keine Kompromisse mehr leisten.»
Damit ist dem Thema gelungen, was vor fünf Jahren noch unmöglich schien: Es ist aus der Sandalenecke in den Konferenzraum vorgedrungen. Selbst in Amerika, wo die Öko-Prediger lange als sensible Softies verspottet wurden, hat ein radikales Umdenken stattgefunden: Im Silicon Valley gilt Nachhaltigkeit als grösstes Zukunftsgeschäft, die amerikanischen Showstars überbieten sich im Öko-Outing, und Barack Obama will nicht nur als erster schwarzer, sondern auch als erster grüner Präsident Amerikas in die Geschichte eingehen.
Das Lustfeindliche der frühen Grünen ist da zum Glück längst verloren gegangen. «Die Grünen dürfen keine Spielverderber sein», betont der Starunternehmer Richard Branson, der den Formel-1-Rennstall Brawn sponsert. Die Bedingung seines Einstiegs: Der gesamte Rennzirkus muss in spätestens vier Jahren schadstofffreien Treibstoff benutzen. Auch die Schicksalsfrage der frühen Grünen gehen die Konvertiten an der Unternehmensspitze ideologiefrei an. «Kernkraft ist die sauberste und sicherste Technologie», betont Branson, und das sehen die meisten Unternehmenschefs genauso. Ökologie ist ein Muss – Greenpeace ist es nicht.