Die Situation ist für das grösste Uhrenexportland der Welt gut und ungut zugleich. Gut ist sie für die vielen Fremdhersteller, weil sie bequem Werke einkaufen können, ohne grosse Entwicklungs- und Produktionskosten tragen zu müssen. Die Eintrittsbarrieren zum Markt sind tief, entsprechend blüht die Vielfalt an Uhrenlabels. Die Wettbewerbskommission stellt dabei sicher, dass die Swatch Group ihre Position nicht missbraucht. Ungut ist die Situation, weil die allermeisten Hersteller keinen Eigenantrieb haben, etwas daran zu ändern. Das dient nicht dem Fortschritt der Uhrmacherei – und damit auch nicht dem Uhrenland Schweiz.
Nun droht Swatch-Patron Nicolas G. Hayek mit einem Lieferstopp. Nur noch «einige wenige treue, seriöse, historische Anbieter» will er langfristig mit Fertigwerken beglücken, wie er kürzlich ankündigte. Zwar haben in den letzten Jahren diverse Hersteller eigene Manufakturen eröffnet, Hublot etwa, Chopard oder Cartier. Auf ETA-Werke können sie trotzdem noch lange nicht verzichten. «Hayeks Lieferstopp wäre ein Entscheid von grosser Tragweite für die Uhrenindustrie», sagt Philippe Pascal, Uhrenchef des Luxuskonzerns LVMH und selber Grosskunde bei Hayek. «Ich erwarte, dass er mit einer gewissen Intelligenz umgesetzt wird».
Philippe Pascal hat recht. Der Aufbau einer Manufaktur dauert Jahre und kostet Millionen. Man darf von Uhrenherstellern erwarten, dass sie ins Herz ihrer Produkte investieren. Man darf aber auch von Hayek erwarten, dass er ihnen die nötige Zeit dazu gibt. Die Branche durchlebt gerade die Endphase der schwersten Krise seit Jahrzehnten und tut sich entsprechend schwer mit Investitionen.
Hayek gilt als Retter der Schweizer Uhrenindustrie. Wie sehr sie ihm am Herzen liegt, hat er stets betont. Sie jetzt nicht zu gefährden, ist auch in seinem Interesse.