Hotel Schweizerhof, Zürich, Mittwoch, 7. Januar. Leonard A. Lauder, Chairman des Kosmetikkonzerns Estée Lauder Companies Inc. empfängt seine lokalen Mitarbeiter, um einen Managementwechsel in der Schweiz bekannt zu geben. Der charmante Amerikaner mit dem Gesicht eines Aristokraten nutzt die Gelegenheit, einige Anekdoten zum Besten zu geben. Beispielsweise wie er, der in Lachen am Zürichsee ein Privatdomizil unterhält, einst ein Dankesschreiben von der Gemeindekanzlei erhielt. Dabei hatte er nur das getan, was jeder pflichtbewusste Bürger hier zu Lande tut: Er hatte seine Steuererklärung eingereicht. Für BILANZ war diese persönliche Begegnung Anlass für eine umfassende Recherche über «the world’s largest department store beauty brand», wie die britische «Financial Times» urteilt. Das Resultat ist eine faszinierende Familiensaga, in der nun die dritte Generation das operative Zepter übernimmt.
10. März: André Dosé tritt zurück. Einsam und ohne dass sich ein Verwaltungsrat blicken lässt, gibt der Swiss-Chef in Zürich nach Börsenschluss seinen Rücktritt bekannt. Über Stilfragen liesse sich diskutieren; nachdenklich aber muss stimmen, dass der Grund für diesen Schritt – zumindest offiziell – «in der Berichterstattung gewisser Medien» zu suchen ist, die geschrieben haben, die Ermittlungen zum Crossair-Absturz vom 24. November 2001 würden nun auch auf den damaligen Crossair-Chef Dosé ausgeweitet. Damit hätte der Verwaltungsrat seit dem Absturz rechnen müssen und entweder nie auf Dosé setzen dürfen oder aber eine personelle Alternative aufbauen müssen. Beides ist nicht geschehen, und so dreht sich die Spirale der personellen Improvisationen bei der Swiss eine Runde weiter. Pieter Bouw, der Präsident, übernimmt zusätzlich das Amt des CEO. Hartnäckig und immer wieder wird auf seine grosse Erfahrung im Airlinebusiness verwiesen. Bei der Swiss jedoch hat sich der ehemalige KLM-Chef noch zu keinem Zeitpunkt als zielsicherer und weit blickender Captain profiliert. Dass er jetzt vom Exwerber und Swiss-VR Walter Bosch assistiert wird, lässt den Schluss zu: Hier wird, angesichts der personellen Notlage, ein letztes Aufgebot in den Ring geschickt.
20. März: Hans J. Bärs Autobiografie «Seid umschlungen, Millionen» ist in den Buchläden – nun tobt der Glaubenskrieg. Was der Doyen der heimischen Privatbankiers zu Papier gebracht und BILANZ im Vorabdruck publiziert hat (BILANZ 3/04: «Das Bankgeheimnis macht uns impotent»), sorgt für rote Köpfe. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die typisch helvetische Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung – die hier zu Lande nicht justiziabel ist – und Steuerbetrug noch zu halten ist. Bär, der diese Frage zu Recht zur Diskussion stellt, wird nun stigmatisiert. Seine eigene Familie geht auf Distanz, die Privatbankiers markieren Widerstand, und die Grossbanken verschanzen sich hinter der Schweizerischen Bankiervereinigung. Und natürlich geht es um handfeste Interessen. Auf dem Finanzplatz Schweiz werden schätzungsweise 3800 Milliarden Franken Vermögen verwaltet, so viel wie nirgendwo sonst auf der Welt, davon 2128 Milliarden aus dem Ausland. Doch Luxemburg und Grossbritannien sind uns hart auf den Fersen. Da stellt sich die Frage: Wie viele der ausländischen Milliarden sind ausschliesslich wegen des Bankgeheimnisses in der Schweiz? BILANZ-Redaktor Stefan Lüscher schätzt diese Gelder auf eine halbe Milliarde. Ein Teil davon wäre gefährdet, würde die Schweiz wegen Steuerhinterziehung Rechtshilfe gewähren. Sind unsere Bankiers so wenig kompetitiv, dass sie ohne dieses Geld nicht überleben könnten?