Ausgerechnet zwei Banker aus Rom bringen Europas Finanzwelt in Aufruhr. Der eine, Mario Draghi, lieferte eben eine vernichtende Analyse der Zukunftsfähigkeit des alten Kontinentes ab und forderte einen einheitlichen Kapitalmarkt, in dem der Wettbewerb über die Landesgrenzen spielt. Bliebe alles beim Alten und obsiegten die nationalen Interessen, warnte Draghi, sei der Niedergang Europas vorgezeichnet und der Abstand zu den Banken in den USA und in China nicht mehr aufzuholen.  

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Und nun macht der zweite Römer, Andrea Orcel, vor, wie es gehen könnte. Der Chef der italienischen Unicredit hat sich in den letzten Tagen fintenreich an die Commerzbank angeschlichen und dürfte künftig mit einem Aktienanteil von 21 Prozent bei Deutschlands zweitgrösster Privatbank das Sagen haben. Ausstehend ist das Plazet der Europäischen Zentralbank, die zweifellos zustimmen wird, denn auch sie fordert seit Jahren (bereits unter EZB-Chef Draghi), dass der Wettbewerb in Europa spielt und grenzübergreifende Bankfusionen nicht an nationalen Sonderinteressen scheitern, weil sie sich so fürs Aktionariat nicht rechnen. Orcel, der Fuchs, hat vorgesorgt und bereits vor Tagen bei der EZB eine Genehmigung beantragt, den Aktienanteil auf bis 29,9 Prozent erhöhen zu können.

Kommt die faktische Übernahme nach den Plänen Orcels zustande, wäre dies der erste ernsthafte Deal über nationale Grenzen in Europa. Und es wäre ein Beispiel, wie Wettbewerb geht. Dass Handlungsbedarf besteht, ist allen klar. Es sind längst ausländische Banken, die in der Welt das Sagen haben. Bezüglich Marktkapitalisierung und Kurs-Buchwert-Verhältnis sind die US-Banken vorneweg: J. P. Morgan, Bank of America, Morgan Stanley. Zu den Top Ten gehören noch ein paar Banken aus China und HSBC aus London. In Kontinentaleuropa aber ist das biedere Mittelmass versammelt, sowohl bei Rendite und Reichweite. Zu den zwanzig Grössten gehört bloss noch die UBS, führende globale Vermögensverwalterin.

Es ist also höchste Zeit, dass es im European Banking zu Fusionen oder Übernahmen kommt, die kapitalstarke Unternehmen entstehen lassen, die Konkurrenten aus den USA oder China Paroli bieten können.

Und dass Andrea Orcel weiss, wie man eine Bank zum Glühen bringt, hat er bei Unicredit bewiesen. Der Aktienkurs hat er innert vier Jahren verfünffacht. Heuer hat ihn «Euromoney» zum «Banker of the Year» gekürt. Der Claim seiner Bank heisst «Unicredit unlocked». Mut und Tatkraft wünscht man sich auch in der kleinteiligen Finanzwelt Europas.