Ein gutes Geschäft mit einem schalen Beigeschmack: Die SBB hat 25 sanierungsbedürftige Reisezugwagen nach Tschechien verkauft. Eine Million Franken hat sie dafür kassiert. Und dazu hat sie sich auch noch eines Problems entledigen können: Die Wagen enthielten nämlich Asbest.

Die Freude über den gelungenen Deal ist SBB-intern unverkennbar. Dies zeigt auch ein Tweet, der dazu von einem Mitarbeiter abgesetzt wurde: «SBB hat Kleinstserie an asbestbelasteten Fahrzeugen verkaufen können. Gut so.»

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«SBB nimmt Verantwortung ernst»

Die SBB setzt sich damit dem Verdacht aus, ein unangenehmes Problem einfach «exportiert» zu haben. Davon will die Bahn allerdings nichts wissen. Im Gegenteil: «Die SBB nimmt die Verantwortung bezüglich Asbest sehr ernst. Das haben bisherige Entsorgungen und Sanierungen gezeigt», teilte die Medienstelle auf Anfrage mit.

«Es handelt sich - wie bereits im Juli 2016 mitgeteilt - um gebundenes Asbest in kleinen Mengen, das nur bei Schleifarbeiten, wie sie zum Beispiel bei Rostsanierungen durchgeführt werden, gelöst werden kann. Es besteht und bestand nie eine Gefahr für Fahrgäste», schreibt die SBB.

Unbemerkt Medienmitteilung verschickt

Dass die SBB ausgerechnet in den Sommerferien über den Deal mit der tschechischen Bahn RegioJet informiert hat, ist nur einem kleinen Kreis bekannt. Denn die besagte Medienmitteilung mit dem Titel «SBB verkauft 25 sanierungsbedürftige Wagen an die tschechische Bahn RegioJet» wurde nur an die Fachpresse versandt - vom Grossteil der Medienschaffenden unbemerkt.

Selbst der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband (SEV) hat nichts davon gewusst. «Der konkrete Fall ist uns nicht bekannt gewesen», sagte Manuel Avallone, SEV-Vizepräsident und zuständig für die SBB, von der Nachrichtenagentur sda mit dem Verkaufsgeschäft konfrontiert.

SEV: «Moralisch verwerflich»

«Der Deal dürfte wohl juristisch korrekt abgelaufen sein», sagte Avallone. «Moralisch ist es aber sicher verwerflich, wenn die asbestbelasteten Wagen einfach ins Ausland verkauft werden.» Da stellten sich doch ethische und moralische Fragen.

Für den SEV-Vizepräsidenten ist dieser Sachverhalt umso erstaunlicher, als die SBB in ihrem Umgang mit dem Asbestproblem sonst vorbildlich handle. So werde die Gewerkschaft immer sofort orientiert, wenn irgendwo Asbest gefunden werde. Anschliessend würden sofort alle notwendigen Schutzmassnahmen getroffen. Es gebe eine ganze Reihe von genau festgelegten Prozessen, wie damit umgegangen werden müsse und wie die anschliessende Sanierung ablaufe.

Tatsächlich hat die SBB bis ins Jahr 2010 das gesamte Rollmaterial systematisch asbestsaniert oder asbesthaltiges Rollmaterial gezielt verschrottet. Die SBB hätte die 25 verkauften Wagen übrigens ohnehin ausrangiert, schreibt die Bahn. Zwar nicht wegen der Asbestspuren, sondern weil sie im Betrieb sehr teuer, eine Sanierung vor allem aufgrund des Rostbefalls sehr aufwendig gewesen wäre und es sich um eine Kleinstflotte gehandelt habe.

SBB hat sich abgesichert

Immerhin hat sich die SBB auch im Fall des Tschechien-Deals rückversichert. Der Verkauf sei vorgängig sorgfältig mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) abgeklärt worden, heisst es.

Das BAFU habe nach Prüfung eines Antrages der SBB und der eingereichten Dokumentation am 13. Juni 2016 die Bewilligung für die Ausfuhr von 25 Bahnwagen erteilt, die kleine Mengen von gebundenem Asbest enthielten, hiess es beim Bundesamt.

Auflagen seien keine verfügt worden, da die vorgesehenen Massnahmen der SBB zur Sicherstellung der korrekten Sanierung und Entsorgung als ausreichend beurteilt worden seien. Der Verkauf und Export von asbesthaltigen Gegenständen darf übrigens nur erfolgen, wenn eine solche Ausnahmebewilligung erteilt wird.

Auch vertraglich hat sich die SBB abgesichert. Im Kaufvertrag habe sich die neue Besitzerin RegioJet verpflichtet, die Fahrzeuge in einem von der EU anerkannten Betrieb asbestsanieren zu lassen und dies der SBB und dem BAFU zu melden.

Für SEV-Vizepräsident Avallone ist dies nur schwer nachvollziehbar. Denn die SBB selber wisse am besten, wie man mit dem Problem umgehe. Sie hätte die Wagen auch selber sanieren können. Die tschechische Bahn werde die vereinbarte Asbestsanierung wohl auch durchführen. «Aber unter welchen Bedingungen? Das ist die entscheidende Frage.»

(sda/ccr)